Zur Quelle der Nahe

Wir unternehmen eine Zweitagestour zum Rotenfels an der Nahe und weiter zur Nahequelle im Saarland. Auf dem Rückweg lernen wir schöne Ecken des Hunsrück kennen.

Lass uns wieder rausfahren, schlug Ingrid gestern vor. Ich wäre nicht drauf gekommen, war ich doch schon drei Tage mit dem Wohnmobil unterwegs in dieser Woche. An die Nahe, war ihre Idee. Da bin ich schnell zu begeistern. Daher bin ich noch vor dem Klingeln des Weckers um halb sieben wach und bereite mir einen Kaffee am Automaten und auch schon das heutige Abendessen vor, indem ich die eingeweichten Bohnen abschütte und anschließend koche.

Es wird veganes Chili sin Carne geben. Das dauert nicht lange, ich lasse es abkühlen. Wir packen zusammen, Obst, Käse, das Chili. Ich nehme das Gepäck und den großen Beutel mit den Lebensmitteln und gehe schon zum Auto, während Ingrid auf den Markt geht und Kuchen und Vinschgauer kauft. Ich hole sie auf halber Strecke in der Bahhofsstraße ab, wir laden Wasser am Wohnmobilstellplatz auf, dann auf die Autobahn. 

An Bad Kreuznach vorbei über die Bundesstraße und dann der Abzweigung nach Bad Münster am Stein-Ebernburg folgend. Wir wollen als erstes zum Rotenfels. In Rüdesheim an der Nahe kaufen wir im Rewemarkt noch einen Sechserpack Wasser. In Traisen kurz vor der Nahe ist der Rotenfels ausgeschildert, also folgen wir der engen Straße und gelangen schon, ohne das wir es vorher wissen oder gar wollen, mit dem Auto auf die Höhe, müssen oder besser können also nicht die Höhe erwandern.


Wir lassen das Auto noch vor dem Parkplatz stehen und gehen los bis zum Felsabhang. Ein bequemer breiter Weg führt über die gesamte Front bis zur Bastion. Wir kennen das, wir waren hier schon, ich erst letzten Winter. Wir gehen bis zur Bastion, dem vorgelagerten Aussichtspunkt, und wieder zurück und anschließend noch einen größeren Bogen, nämlich einen Rundweg, der uns ein gutes Stück nach unten Richtung Bad Kreuznach führt und dann wieder zurück auf die Höhe.

Wir fahren das Wohnmobil vom Schatten, wo es parkt, in die Sonne, ich hole den Tisch raus, Ingrid die Hocker, ich bereite mir mein Müsli, Ingrid ein Stück Vinschgauer, und wir frühstücken erstmals in der Sonne. Es ist schön warm.

Nach dem späten Frühstück geht es weiter Richtung Nahe. Im nächsten Ort, Norheim, sehe ich ein Schild: Weintankstelle. Wir haben nämlich den Sekt zuhause vergessen, den wir im Wohnmobil trinken wollten, meine Idee ist, Nahesekt beim Winzer zu kaufen. Wir sind aber schon weiter, das nächste Schild verweist auf ein Weingut namens Brunnenhof. Dort fahren wir hin, über ein paar Ecken durchs Dorf. Im Hof steht ein dunkelrotes Kastenwagenwohnmobil, ein Pössl 2WinR auf Citroën-Basis, auf den ersten Blick ein Zwilling unseres Camperkalli. Wir stellen uns daneben. Der Verkauf hat geöffnet, es ist die Klingel zu betätigen. Es dauert etwas, eine junge Frau kommt aus einer Wohnung, ist aber nicht zuständig und will den Onkel anrufen. Der ist zuständig und freut sich. Wir kaufen eine Flasche Rieslingsekt brut und sechs Flaschen Wein, in drei Sorten. Sekt und  Weine schmecken ausgezeichnet.

Jetzt zur Nahe und weiter flussaufwärts. Nächster Stopp ist Oberhausen an der Nahe, den Ort kennen wir schon aus zwei früheren Besuchen, alte Steinbrücke über die Nahe, grüne Ufer, Blick auf die Weinberge, alte Häuser. Wahnsinnig schön, wir könnten beide hier den ganzen Tag stehen und schauen. Die Nahe bindet hier wieder eine Schleife, leider haben wir den weiteren Tag schon anders verplant, wir gehen sie ein anderes Mal. Dann können wir hoffentlich auf dem hiesigen Campingplatz stehen. Die Straße verlässt jetzt die Nahe und steigt einen kleinen Hügel an. 

Vorbei am Hindenburgblick - wieder mal wird ein schöner Ort mit dem Namen eines Kriegstreibers verhunzt -  in das Dorf Duchroth, das haben Ingrid und ich uns schon vor einigen Jahren einmal angeschaut. In Odernheim an der Glen kommt der kleine Nebenfluss in die Nahe, wir haben Mühe, uns zu orientieren, finden aber den Weg nach Bad Sobernheim, wo wir mal mit den Kindern den Barfusspfad gegangen sind und vor sieben Jahren eine Radtour nach Hause gestartet haben. 

Damals sind wir mit dem Zug hierher gefahren, mir ist gleich nach der Ankunft ein Reifen kaputtgegangen, aber wir haben sofort einen kleinen Reparaturbetrieb gefunden, der uns schnell und unkompliziert geholfen hat. An einem Sonntag!

Noch ein paar Kilometer und die kleine Naheweinstraße mündet in die große und gut befahrene Bundesstraße 41. Sofort ist das Fahren stressiger, ein dämlicher Motorradfahrer pennt und gibt erst Gas, als ich neben ihm bin zum Überholen. In Monzingen herrscht guter Betrieb an der Eisdiele am Straßenrand. In Hochstetten-Dhaun entdeckt Ingrid das Hinweisschild zu einem Nahe-Skywalk. Klingt spektakulär, man blickt aber hauptsächlich auf einen großen Steinbruch im Tal. Aber das Nahetal ist wirklich sehr schön. 

Hinter dem scheußlich zubetonierten Idar-Oberstein verlassen wir wieder die Bundesstraße und folgen dem Verlauf der Nahe. Enge kurvenreiche Straßen durch kleine Orte, in Nohen bietet sich die Möglichkeit, am Ufer anzuhalten, um unseren Kaffee zu trinken und den Kuchen zu essen. Dazu müssen wir durch eine enge Dorfstraße fahren. Wir stehen recht lange und ungestört, es ist angenehm warm in der Sonne. 

Hinter dem Dorf steigt die Straße wieder an, auf der linken Seite, nahe an der Straße, grasen vier Rehe. Sie lassen sich nicht stören. Hinter Nohfelden kommt Türkismühle, Ingrid kennt den Ortsnamen von einem Zug, der von Mainz aus hierher fährt. Klein und beschaulich. 

Jetzt sind wir im Saarland. Rechts liegt der Bostalsee, den wollen wir uns morgen ansehen, nun erst mal nach Selbach, hier liegt die Nahequelle. Sie ist gut ausgeschildert und befindet sich im Wald hinter dem Ort. Ein großer Parkplatz, viele Autos, noch mehr Menschen, Familien mit Kindern, denn hier ist ein Tiergehege. Zur Quelle geht ein kleiner Fußweg, sie ist gut gekennzeichnet. Jetzt waren wir schon zusammen an den Quellen von Rhein, Donau, Erft, Ahr und Nahe. Wir haben überlegt, hier zu übernachten, aber am Parkplatz herrscht uns zu viel Verkehr. 

Hinter der Quelle liegt noch ein weiterer, einsamer Parkplatz, der wäre eher geeignet, aber wir wollen noch ein bisschen weiterfahren und uns umschauen. Südlich von Selbach liegt noch ein größeres Waldgebiet. Für fahren nach Süden Richtung Tholey oder Theley, bis wir merken, es gibt beides, es sind zwei Orte. Von weitem sieht man schon einen Turm auf einem Berg, ich halte es für eine Kohleförderung, das ist es aber nicht. Der Turm steht auf dem Schaumberg bei Tholey und wird für den Sonntag als erstes Tagesziel vorgemerkt. Wir biegen jetzt links ab auf einen Teerweg, der laut Karte und laut Park4night zu einem ruhigen und abgelegenen Parkplatz führt. Nach gut zwei Kilometern haben wir ihn erreicht. Toller Parkplatz, mitten im Nichts, es stehen noch einige Autos hier herum, der Weg geht auch geteert weiter, begrenzt auf 2,8 Tonnen, mit hohen Schwellen, die zum Schritttempo zwingen. Ich stelle das Auto weit weg von der kleinen Straße in eine Ecke, wo es am wenigsten auffällt. 

Wir gehen davon aus, dass die PKW nach und nach den Platz verlassen werden, was auch genau so eintritt. Wir schauen uns die Umgebung an. Die kleine Straße führt an einer Ausgrabungsstätte vorbei. Hier befand sich vom ersten bis zum vierten Jahrhundert eine römische Siedlung, denn hier verlief eine Handelsstraße. Man sieht die Fundamente großzügig angelegter Häuser, die Gesamtfläche soll 20 Hektar betragen haben. Dauernd fahren Autos vorbei, einmal auch ein Polizeiwagen. Na, hoffentlich kommen die nicht wieder und kontrollieren den Parkplatz. Denn ab heute gilt das neue Bundesseuchengesetz, das bei Inzidenzwerten ab 100 Ausgangssperren zwischen 22 und 5 Uhr vorsieht. Dagegen verstoßen wir. 

Die Polizei wird nicht kommen. Hinter der Straße öffnet sich das Gelände, in der Ferne sind fünf Rehe zu sehen. Wir machen viele Fotos. Auf der anderen Seite führt ein Feldweg leicht bergab und später in den Wald, die Stelle halte ich für einen noch versteckteren Stellplatz, aber wir bleiben, wo wir sind. Wir gehen ins Auto, später wärme ich das Chili auf und koche Reis dazu. Wir setzen uns in die schöne Dinette und dinieren. Wir trinken den Winzersekt, so wie wir uns das vorgenommen haben, um das neue Auto einzuweihen. Der Sekt ist ausgezeichnet, das Chili auch. Ein schöner Abend, den wir nicht allzu spät, müde vom ereignisreichen Tag, im gemütlichen Querbett beenden.



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