Unser Wohnmobil

Heute habe ich ein Video zur Vorstellung unseres Campervans, unseres Karmann Dexter 580, fertig- und auf Youtube eingestellt. Das Video bette ich in diesen Beitrag ein und ergänze es um eine ausführliche Textbeschreibung. 


Die Idee umtreibt mich schon lange. Mein Traum ist es, mit einem allradgetriebenen und offroadfähigen Wohnmobil quer durch den afrikanischen Kontinent bis nach Südafrika zu fahren, durch den nordamerikanischen Kontinent bis in den Norden Kanadas und Alaskas, durch Sibirien und Zentralasien. Seit ich die Reiseberichte von Dirk und Tina kenne, weiß ich, dass man auch ohne einen massiven Geländelastwagen, nur mit einem Standardcamper, quer durch den Pamir, in den Himalaya und bis nach Thailand und Singapore kommt. Respekt für diese Leistung. Olga und Michel haben gezeigt, dass Reisen auch ohne ökologische Fußspuren funktioniert, und dass ein gutes Fahrrad und eine positive Lebenseinstellung dich um die ganze Welt tragen. Traumhaft.

Ich hatte den Traum bis auf weiteres aufgeschoben, denn das Leben lebte mich auf einer anderen Spur. Der Alltag schickte mich jeden Tag zu meinem sechzig Kilometer entfernten Arbeitsplatz, ich hatte die Rolle einer Führungskraft mit Zehnstundentag und Sitzungsmarathon inne plus täglicher Zugabe in Dauerstaus und anschließender Parkplatzsuche in meinem Großstadtquartier. 

Bis mich ein Burnout ereilte und ich, statt mich kurz zu erholen und wieder an den Arbeitsplatz zu rennen, lernen musste, meine Krankheit zu akzeptieren, um wieder zu gesunden. Von meinem Arbeitgeber lernte ich daraufhin, dass ein sozialer kirchlicher Träger sich seinen Mitarbeitenden gegenüber, und wurden sie zuvor als Leitungskräfte noch so sehr gebauchpinselt, nicht anders verhält als das typisierte Feindbild des romantischen Frühkapitalisten. 

Ich stand also mitten in der Aufgabe, mein Leben neu zu organisieren, mich körperlich, geistig und psychisch neu zu finden. Körperlich bedeutete das, die gewonnene Lebenszeit in Bewegung umzusetzen und mich ernährungstechnisch einzunorden, mit der erfreulichen Nebenwirkung, dabei mehr als 40 Kilogramm Gewicht auf der Strecke zu lassen. Psychisch begab ich mich in die Obhut  hervorragender Fachleute und geistig begann ich, wieder Bücher zu fressen. 

Aber auch für meinen Traum war plötzlich Zeit, und die Pandemie trug das ihre dazu bei. Sie brachte uns nämlich zum Nachdenken darüber, wie wir Reisen autarker gestalten können, frei von der Notwendigkeit, Unterkünfte und Transporte zu buchen, und im Zweifelsfall in gesundheitlich gebotener Distanz zu anderen. Die Antwort sahen wir in der Anschaffung eines Wohnmobils.

Wir hatten beide noch keine praktische Erfahrung mit Wohnmobilen oder Wohnwagen, mit dem Zelten schon, aber das ist ja eine andere Hausnummer. Wir wollten auch nicht erst testweise mieten, sondern wir waren sicher: wir kaufen uns ein solches Teil. Ich schaute mir sehr viele Videos auf Youtube an, Kanäle, auf denen Fahrzeugtypen vorgestellt wurden, und Kanäle mit Reiseberichten. Camperklatsch, TravelCampingLiving, Avanti on Tour, The Travelling Togs, Andrew Ditton, Peace, Love and Om, Herman Unterwegs, The Road chose me, The Sunnyside und viele andere. 

Sehr hilfreich waren die Vorstellungen von Wohnmobilen. Sie halfen mir, eine klare Vorstellung zu bekommen, was für uns das Richtige wäre: 

ein Kastenwagenwohnmobil - denn es vereint eine relativ große Wohnfläche und eine praktische Nutzbarkeit des Fahrzeugs besser als Integrierte und Teilintegrierte

Fiat Ducato als Plattform - in großer Zahl bewährt, aktuelle Schadstoffeinstufung, Verfügbarkeit einer Wandlerautomatik, aber auch gerade Seitenwände, die ein Querbett ermöglichen, preiswerter als Sprinter und Crafter

Variante L3H2 - die mittlere Länge und das mittlere Dach. 5,99 Meter Länge bieten den Innenraum, den ich mir vorstelle, nämlich ein jeweils ausreichende Größe der Bereiche Wohnen, Küche, Bad, Schlafen. Das mittlere Dach mit der Gesamthöhe um 2,60 Meter (je nach Fahrgestell) bietet eine geschlossene Fahrzeugsilhouette und nicht die unästhetische Beule des H3-Daches, man muss auch noch nicht bei jeder Brückendurchfahrt zittern; bei 6 Metern Länge starten bei den meisten Fähren teurere Preiskategorien

Diesel- statt Gasheizung - verhindert, dass in kalten Winternächten der Ofen aus ist

Rahmenfenster - fügen sich ästhetischer in die Fahrzeugkarosserie ein

Der Lockdown verunmöglichte eine angemessen breite Suche in der realen Welt, um sich die Unterschiede zwischen den Herstellern einmal im realen Leben anschauen zu können. Zwischenzeitlich war der Markt auch dermaßen leergefegt, dass mit Lieferzeiten von einem Jahr und mehr zu rechnen war. Wir wollten das Wohnmobil aber sofort haben. Der Besuch einer einschlägigen Plattform, ein kurzer Mailwechsel, und wir fuhren im Januar zu einem Händler, der auf Kastenwagen spezialisiert ist, und der auch, mit den pandemiebedingten Einschränkungen, geöffnet hat. Mich interessierte das Angebot eines Vantourers, den schauten wir uns auch an, er überzeugte uns aber nicht. 

Da fiel unser Blick auf den Karmann Dexter 580, der stand in verschiedenen Farben auf dem Hof, die Fahrzeuge waren noch nicht verkauft. Unser Auge fiel auf den dunkelroten und konnte sich nicht mehr lösen. Das war genau das, was wir uns vorgestellt haben. Die Inneneinrichtung gefiel uns in ihrer Nüchternheit, nicht zu viel Holz und dafür helles, viele helle Flächen. Das Fahrzeug war komplett ausgestattet: neben dem 160 PS-Motor, der Neungangautomatik, den Fahrerassistenzsystemen, den anklappbaren Außenspiegeln, der Rückfahrkamera, hatte es schon die Thule Omnistor-Markise, Solar auf dem Dach, Fliegengitter an der Schiebetür, linkes hinteres Seitenfenster, einen warmen Vorhang an der Hecktür, das Querbett, die Dieselheizung, ein Skyroof neben den obligatorischen Hekis. 

Wir haben es getan, wir haben den Dexter gekauft. Dazu kam noch ein Radio-/Navigerät, das wir uns vom Händler empfehlen ließen, sowie eine Lithium-Aufbaubatterie. Der Wagen sollte in längstens vier Wochen abholbereit sein. Daraus wurden dann acht Wochen, der händlerseitige Kontakt zu uns in dieser Zeit alles andere als berauschend. Aber ich habe in den vierzig Jahren, in denen ich Autohändler sporadisch aufsuchen durfte, noch nie einen wirklich prickelnden Kundenservice erlebt. Passt also.

Mitte März endlich konnte der Wagen abgeholt und von uns in Besitz genommen werden. Über unsere Erfahrungen berichten wir in diesem Blog.


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