After the rain comes sun: Zwei Anläufe für das Gewitter, aber nur einen für uns

Tag 2 an der Ahr startet mit einer Warnung. Das Unwetter schaut nur kurz vorbei. Wir bleiben beim Thema Teufel und erklettern nach dem Teufelsloch heute die Teufelsley.

Gut geschlafen und tatendurstig aufgewacht. Erster Kaffee im Bett, dann der Gang durchs kleine Bad, der zweite Kaffee draußen unter der Markise, dem Treiben auf dem Platz zusehend. Der Platzwart kommt vorbei, er geht von Wagen zu Wagen. Es gäbe eine Unwetterwarnung für mittags, Gewitter, starker Regen, Sturmböen und eventuell Hagel. Wir sollten besser die Markise abbauen. Noch ist es aber schön. Ingrid setzt sich an den Rechner, ist ist auf Telefon- und Mailbereitschaft und nutzt die Zeit, um Protokolle zu schreiben. Ich kaufe noch etwas ein, es fehlt Müsli, etwas Joghurt und sicherheitshalber Kaffee. Die nächste Einkaufsmöglichkeit ist ein Penny in Ahrbrück. 

Ich fahre mit dem Rad, toll, es dabei zu haben. Den Radweg kenne ich bereits von unserer großen Tour an Rhein, Erft und Ahr im Frühjahr 2014. In Kreuzberg biege ich zunächst falsch ab und fahre die Straße Richtung Bad Münstereifel. Zurück nehme ich eine Seitengasse auf der anderen Bachseite. Flashback: Eine ältere Frau in der früher obligatorischen Kittelschürze hängt gerade Wäsche auf. Weiter unten an einem kleinen Platz wäscht sich gerade ein Paar mittleren Alters an einem Brunnen. Sie haben offenbar in ihrem PKW übernachtet. Rechts geht eine Gasse bergauf, der Bergfried der Burg ist zu sehen. Ich nehme die Gasse und fahre bis zum Eingangstor der Burg. Hier ist Privatgelände, das Tor ist verschlossen. Trotzdem schön, nebenan eine kleine Kirche, daneben ein aufwendig saniertes Fachwerkensemble.

Zurück zur Ahr. Linker Hand der Campingplatz Victoria-Station, dessen Eingangsbereich wir schon gesehen haben. Der Radweg verläuft parallel. Der Platz ist riesig und steht voller Fahrzeuge. Dahinter taucht schon der nächste Campingplatz auf, von der anderen Talseite aus zugänglich. Der ist ebenfalls riesig groß. Im hinteren Bereich stehen ausschließlich VW-Busse, hunderte VW-Busse aller Generationen. Weiter den Weg, er steigt bergan, um über eine Brücke auf die andere Ahrseite zu führen und wieder abzusteigen. Rechts eine große, malerisch gelegene Kapelle, an die ich mich noch erinnere, jetzt führt der Weg durch eine Allee, dann nach einer Linkskurve wieder über die Ahr, auf dem anderen Ufer säumen zwei riesige Bäume den Weg. Dazwischen sehe ich im Hintergrund das Pennylogo. 

Ich verlasse also den Radweg und fahre nach Ahrbrück. Das typische Supermarktensemble, hier bestehend aus dem Penny-Markt, daneben einem KIK, ein Reisebüro und eine Bäckerei. Das Ganze in der üblichen scheußlichen Gewerbegebäudearchitektur. Ich stelle das Fahrrad vor dem Penny ab und gehe erst einmal zur Bäckerei am anderen Ende, um zu sehen, ob die vielleicht einen Tchibo-Shop haben, denn ich will versuchen, doch noch den faltbaren Wasserkanister zu kaufen, an dem ich in Wiesbaden vorbeigelaufen bin. Haben sie nicht. Also rein in den Penny. Es ist Freitag und ordentlich Betrieb. Der Laden ist zwar groß, aber trotzdem eng. Wer denkt sich so etwas eigentlich aus? Engstellen, die absolut überflüssig sind. Ich kaufe Aprikosen und Pfirsiche, suche Müsli und finde Bio-Fünfkornmüsli ohne Zuckersatz und anderen Mist, eine 750 Gramm-Packung für unter 2 Euro. Nicht das überteuerte Zeug von Seitenbacher, das man alleine schon für seine bekloppte Werbung boykottieren muss. 

Dann noch Naturjoghurt mit 0,1 Prozent Fett, eine Packung Schwarzwälder Schinken für die frischen Brötchen morgens (die von heute wollen noch gegessen werden), Kaffee, der von Jacobs ist im Angebot, fertig ist der Einkauf. Durch die Kasse, die Dame dort ist sehr freundlich, und raus bin ich. Zurück den selben Weg. Dieses Mal fahre ich am hinteren Eingang in den Campingplatz Victoria Station, um mir den näher anzuschauen. Er ist wirklich sehr groß, zwar viel freie Fläche, aber zu viele Dauerplätze mit fest installierten Wohnwagen, dazwischen Wohnmobile. Es ist noch früh am Tag, und überall sitzen Männer in Gruppen mit Bierflaschen zusammen. Ob ich das immer miterleben will? Vorne am Eingang ein nett aussehendes Bistro, natürlich geschlossen. Vor dem Platz der Bereich, den wir schon gesehen haben, darunter die Gruppe mit den alten Volkswagen und den beiden T3 mit Karmann-Ausbau. Die T3 müssen auch schon mindestens 30 Jahre alt sein, sie haben Patina angelegt, sehen aber wirklich sehr zeitgemäß aus. Der T2 daneben wirkt regelrecht winzig.

Ab und zu ein besorgter Blick nach oben, dunkle Wolken ziehen mit hohem Tempo über den Himmel, es ist noch nicht ersichtlich, wohin sie sich bewegen. Also schnell zurück zum Campingplatz. Wo ist die Markise? Ingrid sitzt im Wagen. Sie hat die Markise bereits abgebaut, wie viele andere auch, weil es schon die ersten heftigen Böen gegeben hat. Die dunklen Wolken kommen bedrohlich näher. Die ersten Tropfen fallen, wir ziehen uns ins Auto zurück, schließen die Hekis. Mal schauen, was kommen wird. 

Wind, Regen, aber nur kurz, dann wieder Regen. Es dauert insgesamt nicht lange, dann sind die dunklen Wolken weitergezogen, ohne das angekündigte Unwetter zu veranstalten. Es bleibt stark bewölkt, die Schwüle nimmt wieder zu. Aber es regnet nicht. Wir beschließen, die Zeit zu nutzen, und die Teufelsley zu erklettern. 

Mit dem Fahrrad fahren wir bis zum Feuerwehrhaus hinter dem Tunnel. Von dort aus gehen wir los. Über die Brücke, ein Stück des Uferwegs, dann führt unser Weg bergan, zunächst dem Flusslauf folgend Richtung Mayschoß. Dann steigt er steiler an und bringt uns nach geraumer Zeit und etwas Anstrengung auf die Höhe. In diesem Teilstück ist sie sehr lieblich, viel Mischwald, grünes Gras, eine breite Ebene, auf der der Weg gemütlich weitergeht. Überall blüht der Ginster. Dann eine Abzweigung: Geradeaus geht es Richtung Rech weiter, wir biegen rechts ab. Rechter Hand eine weitere grüne grasbewachsene Lichtung, dahinter zeigt sich die Burg Are, aus dieser Perspektive ist nicht zu sehen, dass sie hoch auf einem Felsen thront.  Jetzt wird die Höhe schmaler, der Weg verläuft am Hang entlang, der zunehmend steiler nach unten abfällt. Durch die dichte Baumbewachsung können wir nur stellenweise in  das Tal unter uns hinabschauen.  

Ein kleiner Pfad biegt steil nach oben auf den Kamm und verzweigt sich dort auf mehrere Wege. Nach links den Kamm hinauf der unscheinbarste Pfad, mit einem ebenso unscheinbaren Wegweiser, auf dem „TL“ für Teufelsley steht. Diesem Pfad folgen wir, er windet sich um Felsen und knorrige kleine Bäume herum. Nach ein paar engen Kurven im Hang und ständigem Auf und Ab vor einem immer steiler und tiefer werdenden Abgrund sehen wir die Teufelsley vor uns aufragen. Massiver hoher Felsen, unterbrochen von erdigen Abhängen, auf denen Bäume und Sträucher wachsen. Der erste Weg, dem wir nach oben folgen, endet an einer Felsmauer, die ein Weitergehen unvernünftig erscheinen lassen. Zurück und weiter unten einen Querpfad nehmen, das ist besser. Der Pfad steigt etwas später wieder an, wird steil und ausgesetzt und mündet am Felsen. Die Spuren zeigen, dass diese Route häufig gewählt wird. Jetzt geht es senkrecht nach oben, kleine Vorsprünge in den Felsen dienen Händen und Füßen als Stütze, jetzt ist Klettern angesagt. Nach 15 bis 20 Metern sind wir oben, wenige Schritte noch, dann öffnet sich der Blick auf einem schmalen abschüssigen Plateau in alle Himmelsrichtungen. Wir blicken runter ins tiefe Tal der Ahrschleife, sehen die Burg Are in der Ferne und die noch weiter entfernte Burg Kreuzberg, die Eifelhöhen im Nordwesten, das Ahrtal im Osten mit Mayschoß und der Saffenburg. 

Über den tiefer gelegenen schmalen Kamm nördlich der Teufelsley nähern sich weitere Wanderer. Eine Gruppe, die vor uns oben war, klettert über diesen Weg nach unten. Er sieht noch steiler und schwieriger aus. Wir gehen denselben Weg zurück, über den wir gekommen sind, das heißt, steil nach unten, teilweise rückwärts, Schritt für Schritt die Vorsprünge ertastend. Gewicht testen, nach unten bewegen, mit den Händen am Felsen Halt suchen. Das ist schneller bewältigt als von oben betrachtet. Jetzt zurück zum Kamm und von dort aus auf der östlichen Hangseite durch den dichten Wald weiter nach Oben Richtung Schrock, einem Aussichtspunkt mit Schutzhütte. Der Weg ist gut begehbar, schmal, kurvenreich, aber sanft ansteigend führt er uns allmählich weiter nach oben, bis wir den Schrock erreichen. Hier verhindern die Bäume eine Sicht in alle Richtungen, aber der Blick nach Nordosten, Richtung Mayschoß ist frei. Es regnet wieder etwas, die Wolken ringsum sind deutlich dunkler geworden. Das nächste Gewitter droht. Daher verzichten wir darauf, auf der Höhe weiter im Uhrzeigersinn die Talhöhe zu erwandern. Wir gehen denselben Weg zurück. Nach einer Dreiviertel Stunde sind wir zurück am Feuerwehrhaus, wo die Fahrräder stehen, und mit den Rädern sind es nur wenige Minuten bis zum Campingplatz.  

Auf dem Rückweg halten wir in einem kleinen Weinlokal mit schöner Außenbewirtung, abseits der großen Lokale an der Hauptstraße, die wie Überbleibsel aus der Zeit spießiger Tanzlokale und des Draußennurkännchen und Schnitzelmitpommfrits wirken. Schnelles Bier und schnelle Küche. Hier in der Region ist die Außengastronomie wieder möglich, auch die Innengastronomie ist geöffnet und bei Vorlage eines aktuellen Tests zugänglich. Als Frischluftfanatiker wollen wir nach draußen, aber nicht jetzt. Am morgigen Samstag erwarten wir Besuch von Freunden aus Aachen und reservieren einen Tisch für den Nachmittag. 

Unser Timing war perfekt. Nachdem wir zurück am Wohnmobil sind, die Markise war ja bereits am Morgen wieder eingefahren, bemüht sich das Wetter, das am Mittag Versäumte nachzuholen. Es blitzt und donnert, der Regen wird kräftig. Wir sitzen in der Dinette, die Seitz-Fenster halb aufgeklappt und schauen den Regentropfen zu. Aber auch jetzt bleibt das Unwetter aus, nachdem sich die dunklen Wolken ausgeregnet haben, machen sie sich von dannen und überlassen helleren Wolken ihre Plätze. Es hat abgekühlt, ist aber immer noch warm. Wir fahren die Markise wieder aus, legen den Teppich darunter, stellen Tisch und Stühle auf. Das nachfolgende Programm: Sitzen, Lesen, Kaffee trinken, Linzer Torte essen. 

Abends gibt es eine vegane Bowl aus dem Omnia-Backofen, dem Musthave für jede Campingküche. Die Kichererbsen hatte ich zuhause vorbereitet, das heißt, eingeweicht und gekocht. Jetzt werden Süßkartoffeln geschält und in kleine Würfel geschnitten, Böhnchen geschnippelt. Kichererbsen, Kartoffeln und Bohnen kommen in den Omnia und für eine gute Dreiviertelstunde auf den Herd. In der Zwischenzeit koche ich Quinoa auf der zweiten Gasflamme, rühre Tahin mit etwas Wasser und veganer Creme an. Gemüse und Getreide werden auf einem tiefen Teller, eine echte Bowl haben wir nicht mit, angerichtet, die Tahinpaste darüber gegeben, und fertig ist das Abendessen. Dazu trinken wir den Spätburgunder von der Ahr. Das war's.



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