Von der Mecklenburger Seenplatte über Coswig und Halle nach Thüringen

Wir sind in Waren an der Müritz angekommen, der größten Stadt der Mecklenburgischen Seenplatte. Gerade haben wir auf dem zentral gelegenen Wohnmobilstellplatz "Blumen und Parken" eingecheckt, bereit, die Stadt und die Müritz zu erkunden.

Es stehen etliche Wohnmobile auf dem großen Gelände. Einige Leute, zumeist älter, halten sich außerhalb der Fahrzeuge auf und relaxen. Ein Sanitärgebäude ist vorhanden, je zwei WC und zwei Duschen sowie Waschbecken. Sehr sauber und neu, großartig für einen Wohnmobilstellplatz. Wir trinken Kaffee vor dem Auto, haben die Markise ausgefahren und Tisch und Stühle aufgestellt. Dazu essen wir den Rhabarberstreusel aus Usedom. 

In die Innenstadt sind es nur wenige Schritte. Wir kommen am großen Hafengelände heraus. Die Stadt ist beliebtes Urlaubsziel, entsprechend sind auch viele Menschen „am Start“. Es ist sehr lebendig. Etliche Lokale mit großen Außenbereichen, es erinnert mich ein wenig an belgische oder niederländische Städte. Wir umrunden den Hafen, verschaffen uns einen Überblick. Fisch kann man offensichtlich überall essen. Auf der anderen Seite des Hafenbeckens wird sogar Fisch verkauft.

Nach dem Rundgang durch die Hafenanlage gehen wir in die Innenstadt, die Hauptstraße dort ist Fußgängerzone. Auch hier sind viele Menschen unterwegs, niedrige alte Häuser links und rechts. Auf einer Anhöhe liegt die große, schon aus der Ferne zu sehende Backsteinkirche. Wir gehen hoch, ein schöner Altstadtplatz, und hinein in die Kirche, sie ist, wie so viele, von außen interessanter als innen.

Zurück zum Hafen und auf die andere Seite. Hier liegt der Fischereibetrieb mit Imbiss und Verkauf. Sollen wir heute Abend hier essen? Leider schließt er schon um 18 Uhr, kommt also nicht in Frage. Ingrid schlägt vor, hier jetzt ein Bier zu trinken. Sie holt welches, wir setzen uns auf die Rückseite, dort sind auf dem Steg Holzbänke zum Sitzen vorhanden. Wir sitzen mit Blick auf den See in der Sonne und hören den Lachmöwen beim Lachen zu. Genauer gesagt reißen sie ihre Schnäbel auf und schreien laut und fürchterlich, ärgern sich gegenseitig, kämpfen miteinander um ihre Plätze. Dazwischen die Enten lassen sich von dem hektischen Treiben überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Wir auch nicht.

Es ist noch früh, wir gehen nochmal zurück zum Wohnmobil. Später dann laufen wir zum Hafen, um ein Lokal für das Abendessen zu suchen. Ich hatte ein wenig auf Google Maps recherchiert. Ein größeres, am Wasser gelegenes Lokal hatte keine besonders guten Kritiken zur Qualität des Essens, ein in der zweiten Reihe liegendes schon. Das nehmen wir. Wir bekommen einen schönen Tisch draußen und bestellen Bier und Welsfilet. Der Fisch ist sehr gut, wir haben die richtige Wahl getroffen. 

Es ist immer noch früh, die Sonne scheint noch, Ingrid schlägt vor, noch ein halbes Stündchen mit dem Rad zu fahren, und zwar an den benachbarten See. Wir holen die Räder vom Auto und suchen uns einen Weg, finden aber keinen, weil Bahngleise und breite Straßen die Zugänge zu den beiden anderen Seen in Waren verunmöglichen. Wir fahren kurzentschlossen zurück zur Müritz und am Hafen entlang aus Waren raus zum Seeufer. Ein Weg führt in Ufernähe durch den Wald, immer am See entlang, wie die Karte auf maps.me zeigt. Zwischendrin gibt es die Möglichkeit, immer wieder mal direkt ans Ufer zu kommen. Wir fahren eine lange Strecke entlang, halten an, machen Fotos, genießen die tiefstehende Sonne über dem Wasser. An einer Stelle, an der der See eine große Biegung macht,  ist ein Vogelbeobachtungsstann, da gehen wir hin. Leider sehen wir außer einer aufgeregten Schwalbe, der wir mit unserer Anwesenheit den Zugang zu ihrem Nest versperren, keine anderen Vögel. Laut Karte sollen hier auch See- und Fischadler nisten. Die sind wahrscheinlich zu schlau für uns.

Auf dem Rückweg halten wieder an einem  exponierten Steg, die Sonne geht allmählich auf der anderen Seeseite unter, es ist immer noch schön warm und hell. In einer kleinen Bucht begeistert sich ein schwarzer Schäferhund daran, ein Holzstöckchen aus dem See zu holen. Immer wieder. Richtung Stadt sind viele Menschen am Ufer, ein lebendiges Treiben. Ein Stück schieben wir die Räder, weil wir einen Fußweg nutzen. Später sitzen wir noch lange am Wohnmobil bei einem oder zwei Glas Wein.

War das wieder eine angenehme Nacht. Ich bin natürlich um 6 Uhr auf und freue mich über den Luxus des Sanitärgebäudes. So kommen wir wieder früh los. Wir hatten überlegt, eventuell eine zweite Nacht zu bleiben, entscheiden uns aber weiterzufahren. Ingrid schlägt vor, sich noch andere Seen und andere Orte anzuschauen und hat auch schon eine Route ausgearbeitet. Da wir gestern vollständig bezahlt haben, können wir den Platz einfach verlassen. 

Als erstes fahren wir nach Krakow am See. Die Stadt ist ein gutes Stück entfernt, wir nehmen natürlich kleine Nebenstraßen, damit wir was von der Gegend sehen. Sehr vielversprechend. In der Nähe ist ein Wisentgehege, hier werden diese selten gewordenen alten Tiere gezüchtet. Den Umweg dorthin fahren wir gerne, parken das Auto und gehen Richtung Gehege. Kostet aber Eintritt und Zeit, eine sehr nette Frau am Tresen der dazugehörigen Gastronomie sagt uns, dass um elf Fütterung ist und es gerade zwei kleine Kälber gebe. Schade, aber das wäre zu spät für unseren Zeitplan. Wir fahren weiter, gehen vorher aber noch zum Seeufer und schauen uns um. Am Parkplatz steht ein VW-Bus mit Aufstelldach, das Paar darin startet gerade in den Tag. 

Die Straße ist kurvenreich, die Gegend landschaftlich wunderschön. Wir geraten in einen riesigen Wald, die Straße ist nur noch ein geteerter schmaler Weg, jetzt merkwürdigerweise schnurgerade und immer wieder durch Neunziggradkurven unterbrochen. Bei Gegenverkehr müssen wir ausweichen. Auf schottischen Single Track Roads wird in solchen Situationen stets freundlich gegrüßt, hier ignoriert man sich, auch wenn man füreinander bis zum Stillstand bremsen muss. Wir schließen langsam an zwei schnell fahrende Fahrräder auf, sie fahren für uns an den Rand, damit wir passieren können. Wir bedanken uns dafür. 

Wir erreichen Krakow und parken gegenüber der Kirche in einer recht großzügigen Parkreihe, hier ist auch eine Bäckerei mit Außencafé, das merken wir uns für später. Aber erst gehen wir an den See, das Ufer ist promenadenartig ausgebaut. Auch hier ist ein Lokal, das scheint schon geöffnet. Verkauf am Fenster. Wir schauen hinein, es ist aber niemand da. Dann kommt ein Mann, wild und ein klein wenig verschmuddelt aussehend, wie leider nur zu viele Männer im Osten, denen wir begegnen, und erklärt, unwirscher klingend, als er es vermutlich meint, dass noch geschlossen ist, da die zuständigen Frauen einkaufen seien und er nur alles für die Öffnung vorbereitet. Auch gut, gehen wir zurück und setzen uns in das Café vor der Kirche. Wir bestellen Kaffee und Croissants und nehmen auch hier Kuchen für nachmittags mit, der wieder verlockend ausschaut. 

Krakow hat eine Synagoge, die schauen wir uns noch an. Sie ist unzerstört und wurde schon in den 1920er Jahren an die Gemeinde verkauft. Die jüdische Gemeinde habe sich im Zuge der Assimilierung in den relativ liberalen Zeiten des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts aufgelöst. Heute wird sie als Haus der Kultur genutzt. Der Betsaal ist sehr schön, groß, lichtdurchflutet, eine Empore, auf die damals die Frauen zum Beten hinaufgeschickt wurden. An der Stirnseite ein rundes Fenster, in dem vermutlich ein Davidstern eingefasst war, jetzt ist es nur Glas. Vor der Synagoge eine Gedenktafel für Kriegsteilnehmer, die angeblich das Beste gegeben haben für das höchste Gut, die Ehre des Vaterlands. Was für eine Geschmacklosigkeit, und das noch vor einer Synagoge. Junge Männer wurden aufgehetzt und verheizt für die Interessen weniger, die selbst wiederum in Sicherheit bleiben konnten.

Außerhalb des Ortes soll ein Aussichtsturm stehen, wir suchen ihn mit dem Auto, finden Wegweiser, parken ein und laufen ein gutes Stück dorthin. Der Turm ist frei zugänglich, wir gehen hinauf, die Sicht ist toll. Über Wälder und Seen und eine grenzenlose Landschaft. Jetzt wollen wir aber weiter zur nächsten Etappe, nach Plau. 

Wieder eine längere Fahrt. Am Ortseingang ist ein großzügiger Parkplatz mit eigenem Bereich für Wohnmobile. Wir reihen uns ein zu den anderen Kastenwagen und typisch weißen Campern und suchen den Weg in den Ort. Der Ortskern ist richtig schön, kleine alte Häuser, ruhige Geschäftsstraßen, die große Backsteinkirche, dann weiter unten gelegen ein kleiner Fluss mit Schleuse, die eine Attraktion des Ortes ist. Hier kommen Sportboote, Kanus, Hausboote vorbei. Über die Schleuse führt eine Fußgängerbrücke, von hier oben lässt sich schön das Passieren der Schleuse beobachten. 

Den kleinen Fluss entlang führt der Weg weiter zum See. Eine Durchgangsstraße quert den Fluss, hier befindet sich eine schöne alte Zugbrücke, ein tolles Fotomotiv, ebenso wie die Häuser, die sich hier entlang der Straße durch den Ort erstrecken. Hotels und Gaststätten laden ein. Ein paar Meter weiter kommt ein Fischverkauf. Wir gehen hinein und kaufen für das Abendessen Welsfilet ein. Großartiger Plan. Salat haben wir noch. 

Jetzt fängt es an zu regnen, erst leicht, dann etwas stärker. Wir gehen noch weiter vor bis zum See, hier steht am Ufer ein Leuchtturm, den schauen wir uns aber jetzt nur aus der Ferne an, er ist neu und modern, sieht nicht so interessant aus. 

Bevor wir vollständig durchnässt sind, gehen wieder zurück zum Auto, es ist Zeit weiterzufahren. Wir wollen uns morgen Halle an der Saale anschauen, bis dorthin ist noch eine längere Strecke zurückzulegen, wir wollen in Halle oder kurz davor übernachten, freistehend. Die Autobahn ist nicht weit entfernt, wir fahren auf und Richtung Süden, das heißt, zunächst Richtung Berliner Ring. Unsere Route führt westlich über den Ring an Berlin vorbei, nahe Potsdam und der Havel. 

Wir legen eine Pause an einem See an der Nähe der Havel ein, den Ingrid herausgesucht hat. Wir finden uns in einem wunderschönen Gebiet wieder, eine kleine Sackgasse zu einem Dorf führt uns mitten ins Grüne. Wir kochen Kaffee und essen den in Krakow gekauften Kuchen. Das Auto steht offenbar einer Gänsefamilie im Weg, die diese Strecke nutzen will. Sie gehen in einiger Entfernung, halb verdeckt durch einen Deich, an uns vorbei, nur die Köpfe schauen raus, mit ihren leuchtend orangen Schnäbeln, und schauen kritisch zu uns hinüber. 

Nach dem Kaffee gehen wir noch ein Stück ins Grüne, zum See. Gegenüber liegen romantische Wochenendhäuser mit Stegen am See. Auf einem über dem Wasser liegenden Ast sitzen bewegungslos zwei Kormorane, der eine hat sein Gefieder zum Trocknen gespreizt, wie es Kormorane häufig tun. Durch das Teleobjektiv sehe ich, dass sie konzentriert zu uns hinüber schauen. Wir machen viele Aufnahmen.

Jetzt fahren wir zurück zur Autobahn. Vor der Pause hatten wir uns schon in einem Stau befunden, da in einer Baustelle der Verkehr auf eine Fahrspur verengt war. Stop and Go, mit dem Automatikgetriebe des Ducato und der Start-Stop-Automatik ist das völlig stressfrei. Jetzt geht es zunächst zügig weiter, bis der nächste Stau auftaucht. Ingrid sucht eine alternative Strecke heraus, die uns zunächst Richtung Magdeburg, dann über Landstraße zurück zur A 9 führt. Die Route über die Landstraße ist sehr interessant und landschaftlich einmal mehr grandios. 

Es geht durch ein Gebiet, das Fläming heißt und als eine Art Mittelgebirge gilt. Waldreich, große Felder, enge und einmal mehr schnurgerade Straßen, dünn besiedelt. Macht einfach Spaß. Wenig Verkehr, nur immer wieder mal kommen riesige Lastzüge entgegen, für die wir auf der engen Straße vorsichtshalber bremsen und zur Seite fahren. 

Wir kommen am Ende in der Nähe der Elbe bei Coswig in Anhalt heraus. Ingrid hat weiter recherchiert und auf Park4night eine Übernachtungsmöglichkeit gleich am Ufer gefunden. Die suchen wir jetzt. Coswig ist die übliche ausgestorbene Kleinstadt mit großen Straßen und wenig Verkehr, bedingt durch eine innerstädtische Einbahnstraßenregelung fahren wir sie in beide Richtungen ab, bevor wir ans Ufer gelangen. 

Über eine Kopfsteinpflasterpiste gelangen wir ans Elbufer zu einer kleinen Autofähre. Davor befindet sich der von park4night genannte Parkplatz. Die Auenlandschaft ist mal wieder wunderschön, weiter entfernt sieht man das leider heruntergekommene Schloss von Coswig, ein geteerter Weg führt am Ufer entlang. Hier sind Spaziergänger unterwegs. Eine Frau grüßt uns sehr freundlich und rät uns, später die Dachfenster zu schließen, da starker Regen angekündigt sei. Wir schauen uns noch ein wenig um. Die Fähre ist noch unterwegs, stellt aber später den Betrieb ein. Die beiden Fährleute, erkennbar an ihren leuchtend blauen Poloshirts, fahren mit den Rädern an uns vorbei, der eine schaut freundlich, der andere düster auf uns. 

Immer wieder kommen Autos, Leute mit Skatern, andere mit Kanus, auch später, als es dunkel ist. Weiter hinten liegt die Anlage eines Ruderverein. Dort gibt es sogar Toiletten, sie sind aber nur Mitgliedern zugänglich.  Ingrid brät den Fisch, ich bereite den Salat zu. Ein ganz hervorragendes Abendessen. Und anschließend eine ruhige Nacht, endlich wieder freistehend, alleine am Ufer der Elbe.

Der Freitag ist ein Regentag. Ein schneller und früher Aufbruch von unserem netten Übernachtungsspot direkt an der Elbe. Morgens schauen Leute mit ihren Hunden vorbei, ob der Fluss noch fliesst. Das tut er. Wir fahren zurück in die Stadt und von dort zur nächsten Autobahnauffahrt. Wir sind wieder auf der A 9 nach Süden. Es regnet kräftig, der Ducato liegt gut auf der Bahn. Tempomat auf 100 km/h, damit sind wir schneller als so mancher PKW und müssen öfter auf die linke der drei Spuren. 

Von der Abfahrt Halle bis zur Stadt ist es eine beachtlich weite Strecke. Wir fahren mitten rein in die Stadt, über eine Ringstraße um das Zentrum herum. Hier bieten sich kostenpflichtige Parkmöglichkeiten an, das erinnert uns an Aachen. Der erste gewählte Parkplatz erweist sich als zu kurz, worauf uns ein LKW hinweist, der nicht an uns vorbeikommt. Nur ein paar Meter weiter ist mehr Platz, eine schräge Lück mit zusätzlichem Platz hinter einer Einfahrt. Klappt. Geld einwerfen und los geht es in die nasse Stadt.

Ums Eck fängt schon eine Einkaufsstraße an, Straßenbahnlinien führen hindurch. Hier ist ein Café mit Vollkornbäckerei, genau das Richtige. Da gehen wir hinein. Schön eingerichtet, die Auslage ist appetitanregend: Vollkornbackwaren in allen Variationen. Ich bestelle ein Champignon-Nuss-Brötchen und einen Vollkorncroissant. Dazu einen großen Milchkaffee. Schmeckt das gut. 

 

Jetzt weiter durch die Stadt. Leider wird der Regen immer stärker. Aber es wäre schade, die Gelegenheit zum Rundgang nicht zu nutzen. Wir gehen zum Marktplatz, durch ein paar angrenzende Straßen, runter zur Saale und über eine Brücke, dann wieder Richtung Zentrum. Halle hat einen Dom, wir gehen hin. Er liegt erhöht in der Nähe des Saaleufers, daneben ein palastartiges Gebäude, das gerade renoviert wird. Wie oft in Städten ist der Dom von anderen Gebäuden umstellt, an der Seite in einem Hof befindet sich das Eingangsportal. Der Dom ist groß und düster, wie meist im Osten protestantisch. Besonders interessant sind die Schnitzereien an den Kapitelstühlen.

Zurück zum Markt und in die Straße, durch die wir gekommen sind. Wir gehen nochmal in die Vollkornbäckerei und kaufen Kuchen - Käsekuchen und Linzer Torte - und Vollkorncroissants, denn die sind wirklich außergewöhnlich: leicht und fluffig wie Croissants sein müssen, aber mit einem Vollkornteig, so dass man auch auf etwas beisst und nicht nur auf Luft, wie bei so vielen Croissants.

Wir wollen direkt südlich über Merseburg auf die Autobahn fahren und navigieren durch die Innenstadt. Die Straße nach Merseburg ist jedoch gesperrt. Die Alternativroute führt uns gleich in südwestlicher Richtung nach Erfurt. Ingrid lotst uns über Smartphone durch die Vororte von Halle -  denn das im Auto verbaute Navi hat öfter Aussetzer -, bis wir irgendwann über die A 38 und A 71 Richtung Erfurt fahren. 

Zweispurige Autobahnen, anfangs lebhaft, später etwas leerer. Bei Erfurt geht es auf die altehrwürdige A4 bis Gotha, dort auf die Bundesstraße bis zu einem Ort namens Ohrdruf und weiter nach Tambach-Dietharz. Wir fahren zunächst bis zum Parkplatz am Stausee, außer uns ist dort niemand. Wir trinken hier unseren Kaffee und essen den leckeren Kuchen aus Halle. Hier könnten wir auch übernachten, der Platz ist groß, keine Verbotsschilder. Aber wir überlegen, heute Abend essen zu gehen, und fahren in die Stadt zurück, um nach Restaurants Ausschau zu halten. 

Die Stadt ist nicht groß, alle Restaurants machen einen verlassenen Eindruck. Blöd. Im Ort südlich von Tambach-Dietharz gibt es einen Wohnmobilstellplatz mit Restaurant, den suchen wir jetzt und finden ihn schließlich, was nicht einfach ist, obwohl er an der Straße liegt, ist die Zufahrt gut versteckt und nicht ausgeschildert. Hier stehen Wohnmobile herum, dicht beieinander. Scheint eher ein Parkplatz für zu verkaufende Autos zu sein. Kein Mensch da, der Platz sieht verlassen aus. Fahren wir also weiter. 

Die neue Recherche ergibt, dass einige Kilometer weiter außerhalb eines Ortes namens Floh-Seligenthal ein gut bewerteter Stellplatz an einem Bergsee liegt. Ebertswiese heißt das Ganze. Es sind ungefähr 16 Kilometer. Fahren wir also los.

Hinter Tambach-Diethartz geht es hoch den Berg hinauf, wir passieren den Wanderweg Rennsteig, die Straße führt jetzt wieder runter ins nächste Tal bis nach Floh. Auf park4night ist die Wegführung zum Stellplatz beschrieben, Er liegt bei Nesselhof, weit vor Floh, ist von dort aus aber nicht erreichbar, sondern man muss durch Floh-Seligenthal fahren und dort über einen Weg den Berg hinauf. 

Der Weg ist steil, anfangs geteert, dann nur noch geschottert. Kilometerweit geht es auf den Berg durch den Wald, immer wieder passieren wir Parkplätze, teilweise mit Verbotsschildern für Übernachtungen. Schließlich taucht eine Häusergruppe auf, eine Ferienanlage, in der sich der Stellplatz befindet. Noch ein Stück den Berg hinauf, hier stehen schon ein paar Camper auf Wiesenplätzen. 

Linker Hand eine Art Gaststätte, dort halten sich etliche Personen auf. Wir stellen das Auto ab und gehen hin, fragen nach den Verantwortlichen, um uns anzumelden. Ein holländisches Paar betreibt den Platz. Sie sind etwas im Stress durch die Veranstaltung mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern, die hier gerade stattfindet. Wir sollen uns einen Platz aussuchen, die Frau geht mit uns raus und zeigt uns die möglichen Plätze, Wir wählen einen ebenen Grasplatz. Weiter hinten in einem Ferienhaus befinden sich Waschräume und Toiletten für die Wohnmobilisten. Das ist schön, wir schauen sie uns an, es gibt auch jeweils eine Dusche. 

Wir gehen nochmal in das Lokal zum Anmelden, werden aber gebeten, das am nächsten Morgen zu erledigen, wenn es ruhiger ist. Statt des auf park4night beschriebenen Restaurants werden uns nur Thüringer Rostbratwürste angeboten, ich kauf zwei für 5,50 Euro, lange Würste mit lapprigen Brötchen, na gut. Der Mann am Grill, der die bereits gebratenen Würste auf dem Feuer aufwärmt, erklärt uns, dass hier früher ein Abbaugelände war und der Bergsee dabei entstanden ist. Wir essen die Wurst, verschmerzen dieses kulninarische Lowlight, und nehmen uns vor, später den restlichen Salat zu verarbeiten und mit dem ebenfalls noch vorhandenen Schwarzbrot zu essen.

Dann gehen wir erst einmal los, klettern den Berg hinauf und suchen den See. Der liegt schön versteckt in einer Senke. Bei dem trüben Licht dieses verregneten und immer noch wolkenverhangenen Tages sehen der See und die Umgebung um ihn herum sehr mystisch aus. Hier darf geschwommen werden, obwohl der See sehr tief und nicht ungefährlich ist. Auf einer Tafel steht auch geschrieben, dass hier sehr seltene Wasserinsekten leben, und tatsächlich sehe ich ein langbeiniges Insekt auf der Wasseroberfläche und schaffe es, ein Foto von dem Tier zu machen. Der Rückweg ist kürzer, wir setzen uns ins Auto, bereiten das Abendessen und trinken unseren Wein dazu. Es ist kälter als in den vergangenen Wochen, aber das saftige Grün um uns herum entschädigt dafür. Außerdem ist es immer sehr gemütlich, im Camper zu sitzen. Und hier inmitten der Natur ist es herrlich leise und ungewohnt dunkel. 

Am nächsten Morgen, es ist Samstag, bietet das Badezimmer in dem Gästhaus des Stellplatzes eine tolle heiße Dusche,. Auf dem Weg über den Platz konnte ich schon die Sonne hinter den aufsteigenden Wolken sehen. Heute wird ein schöner Tag werden. Schneller Kaffee, dann rüber ins Haus, die Betreiberin ist schon vorbeigegangen, sieht etwas übernächtigt aus.  Wir zahlen den Beitrag von 14 Euro, auf die Entsorgung verzichten wir, weil es ohnehin keinen Grauwasserablass gibt. Das Betreiberpaar will hier auf dem Berg am liebsten den Rest seines Lebens verbringen, nachdem beide nun mehr als ein halbes Jahrhundert in den Niederlanden gelebt haben, genauer gesagt, in Friesland. Ist auch ein schöner Ort, wenn man die Abgeschiedenheit mag. Wir verabschieden uns und fahren los, den langen Weg über den Schotter- und später Teerfeldweg hinunter nach Floh-Seligenthal. 

Wir wollen noch ein wenig auf dem Rennsteig herum rennen, darum fahren wir die Straße Richtung Tambach-Dietharz zurück. Oben auf der Höhe verläuft der Fernwanderweg, dort ist ein Parkplatz. Der ist gebührenpflichtig, für den Tag will man 3,50 Euro haben, zu entrichten in dem Kiosk, der sich hier befindet. Ingrid geht hin, es halten sich einige Leute auf. Es sind aber alle Wanderer einer Gruppe, die hier am Platz übernachtet hat. Der Kiosk ist geschlossen, es ist kein Betreiber da. Also stellen wir das Auto ab und gehen los. Es gibt sogar Toiletten und Waschräume am Platz. Wir gehen nördlich den Berg hinauf, suchen ein wenig Fernsicht, genießen die Natur, kehren aber nach einer guten halben Stunde wieder um, da wir noch eine weite Strecke vor uns haben.

Der Kiosk ist zwar schon geöffnet, aber wir fahren los, ohne dass wir uns um ein Parkticket bemühen. Zurück nach Floh, von dort aus ist es nur eine kurze Entfernung bis Schmalkalden. Wir fahren Richtung Fulda. Unterwegs fällt uns auf, dass wir recht nahe an der Wasserkuppe vorbeikommen und beschließen, dort hinauf zu fahren. 

Mir kommt die Idee, dass wir ja auch unterwegs auf einem Stellplatz entsorgen können und uns damit den Umweg in Wiesbaden ersparen. Der erste Stellplatz den wir anfahren, liegt in einem hübschen Dorf am Rande eines Schwimmbads. Es scheint aber keine Grauwassergrube zu geben, so dass wir gleich weiter fahren. Der nächste Platz liegt in Thann/Rhön, hier kommen wir ohnehin durch. Eine hübsche Kleinstadt, an deren Rande liegt bei einem Sportlerheim der Wohnmobilstellplatz, auf dem einige Fahrzeuge stehen. 

Es ist ein kurzer Ablauf vorhanden, auch ein Reinigungsschlauch, aber keine reine WC-Entsorgungseinrichtung. Ich frage eine Wohnmobilistin, die neben der Hinweistafel zur Benutzung des Platzes sitzt. Sie erklärt mir, wie es funktioniert: Der Ablauf ist zu kurz, um das Wohnmobil darüber zu positionieren. Es ist aber ein Schlauch mit Metalltrichter vorhanden, den man unter das Auto schiebt. Ich parke das Auto so dicht wie möglich an der Vorrichtung, dann schieben wir mit vereinten Kräften den Schlauch mit Trichter darunter. Klappe auf, Wasser aus. Anschließend ziehe ich ein Stück vor, hole den WC-Tank raus. Der Inhalt wird in den Abfluss gekippt, das funktioniert besser als gedacht. Mit dem Schlauch reinigen wir den Tank mehrmals, dafür muss man 1 Euro einwerfen. Chemie rein, Wasser drüber, Behälter ins Auto, fertig. Wir fahren weiter. 

Eine sehr schöne Gegend, sie gehört schon zur Rhön. Auf der Wasserkuppe sind große Parkplätze mit speziellen Bereichen für Wohnmobile. Wir parken, trinken Kaffee. Die Plätze sind eng, ich habe mich dicht neben einen Mercedes Sprinter stellen müssen und beeinträchtige damit den Zugang zu dessen Schiebetür. Eine Frau fährt das Auto weg, denn links daneben ist der Platz freigeworden. Sie scheinen sauer zu sein, dass wir nicht mehr Abstand gehalten haben. Ich hatte aber keine Lust auf einen Strafzettel wegen Blockierens zweier Parkplätze, deshalb habe ich eng, aber formal korrekt geparkt. 

Wir gehen auf das große Gelände. Links liegt ein Segelflugplatz. Hier befindet sich eine Segelflugschule. Nacheinander starten viele Segelflieger, gezogen von einem motorisierten Sportflugzeug. Weiter oben sind die Gleitschirmfliegen, ebenfalls eine Schule. Man kann bis auf das Plateau gehen und hat einen tollen Rundumblick auf die Rhön. Es herrscht eine gute Sicht, das scheint nicht oft der Fall zu sein, folglich sind viele Menschen hergekommen. Vorbei an alten Gebäuden, die leer zu stehen scheinen, gehen wir zurück Richtung Parkplatz, vorbei an einem Freizeitgelände mit Klettergarten und anderen Bespassungseinrichtungen, alles gut besucht von Menschen ohne Maske und Abstand, Imbissen, Kneipen. Wir gehen zum Segelflugplatzgelände. In dem Gebäude ist ebenfalls eine Gastronomie. Wir holen uns Kaffee und Kuchen und setzen uns auf die Terrasse im Obergeschoss mit guter Aussicht. Der Kuchen ist okay, aber gegenüber den hervorragenden Kuchen der letzten Tagen sofort als Industrieprodukt identifizierbar. 

Zurück zum Auto und weg von hier. Die Straße nach Fulda ist schnell erreicht, dann die Autobahn 7 Richtung Süden bis zum Fuldaer Dreieck, von dort auf die A 66. Nach ein paar Kilometern auf der A 66 sehe ich, wie das Auto vor uns, ein älterer VW Polo ausbricht, links und rechts gegen die Leitplanke fährt, schleudert, sich dreht und auf dem Standstreifen stehenbleibt. Ich halte auf dem Standstreifen weit hinter dem Polo an. Ingrid wählt den Notruf, es ist nicht einfach, gleich durchzukommen. Wir steigen aus, sie geht zu dem Unfallauto, ich laufe zurück und warne den nachfolgenden Verkehr. Ein weiteres Auto war bereits stehengeblieben und hat mit dem Unfallfahrer gesprochen. Der scheint unverletzt, das Auto ist bereits weitergefahren. Ingrid kommt auch zurück, der Mann steht neben seinem Auto. Ich suche unser Warndreieck, finde aber keines, bin mir nicht mehr sicher, ob wir überhaupt eins dabei haben. Ich finde nur den Verbandskasten. Ich gehe zu dem Polofahrer, er hat auch kein Warndreieck, schaut noch im Kofferraum nach, wirkt etwas unter Schock. Im Kofferraum ein großes als Geschenk verpacktes Paket, ein persönlicher Gruß darauf geschrieben. Unfälle kommen ungelegen, immer.

Also weiter den Verkehr warnen. Die meisten merken erst zu spät, was los ist, und bremsen erst hinter der Unfallstelle. Anfangs lagen noch einige Teile auf der rechten Fahrspur, wenig später sind alle bereits von der Fahrbahn geschleudert worden. Die Polizei kommt ohne Eile nach einer guten halben Stunde, nachdem Ingrid nochmal den Notruf angerufen hatte. Die beiden Polizisten, Oberkommissare, gehen ohne Eile zu dem Unfallwagen. Ingrid hat Mühe, sie zu fragen, ob sie uns noch brauchen. Wir können fahren, haben jetzt Mühe, von der Standspur im Verkehr wieder wegzukommen. Die beiden Polizisten winken uns noch zu und weg sind wir.

Bei Hanau fahren wir auf die A 3,  der Verkehr hat ordentlich zugenommen, aber irgendwann kommen wir dann in Wiesbaden an. Jetzt alles ausladen und in die Wohnung tragen, die Waschmaschine kann sich schon einmal Warmlaufen. Wir sind zuhause, der Urlaub ist vorbei. 






















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