Sankt Peter-Ording - Teil 3 unserer Reise an Nord- und Ostsee

Nach drei Tagen in Neuharlingersiel und Umgebung wollen wir heute bis nach Sankt Peter-Ording fahren. Dabei unterfahren wir die Weser durch den großen Tunnel und überqueren wir die Elbe mit der Fähre von Cuxhaven nach Brunsbüttel.  In Sankt Peter haben wir für die nächsten drei Nächte einen Campingplatz reserviert.

Wir verlassen Neuharlingersiel und sind um 8 Uhr abfahrbereit. An der Entsorgungsstation müssen wir etwas warten, um den Grauwassertank abzulassen. Den WC-Behälter hatte ich zuvor neben dem Waschhaus geleert. Unsere Fahrt führt über kleinere Straßen bis zur Autobahn, dann in Varel wieder runter Richtung Bremerhaven, über Land, dann die Autobahn nach Cuxhaven. Erstmalig durch den Wesertunnel. In Cuxhaven zieht sich die Stadtdurchquerung bis zum Fahrhafen ganz schön hin. Die Elbferry fährt erst seit diesem Frühjahr. Es ist, als ob man auf eine Mittelmeerfähre fährt. Großer Parkplatz mit vielen Spuren, flüchtiges Überprüfen der Tickets, die Fahrzeuglänge überprüft niemand. 

Dann irgendwann kommt die Fähre, wir schauen beim Entladen zu, dann können wir auf rauf aufs Schiff, die LKW und Wohnmobile bleiben im Hauptdeck stehen, die PKW werden durch eine kleine Rampe auf ein tieferliegendes Deck geleitet. Das unteren Passagierdeck verfügt über eine große Kantine. Wir nehmen uns einen Kaffee und gedeckten Apfelkuchen. Anschließend schauen wir auf Deck ein bisschen die Gegend an und dem regen Schiffsverkehr zu. Die Fahrt ist schnell vorüber, wir verlassen zügig das Schiff. Alles ist gut organisiert.

Da der Fähranleger schon westlich von Brunsbüttel liegt, können wir die Stadt rechts liegen lassen. Die Bundesstraße 5 führt uns über Marne nach Meldorf, ab dort geht es über eine kleinere Straße weiter bis zum Eidersperrwerk an der Mündung des kleinen, mir bis dahin unbekannten Flusses. Am Sperrwerk gibt es einen großen Besucherparkplatz. Wir besuchen gerade Deutschlands größtes Küstenschutzbauwerk, alle Achtung. Ich muss gestehen, mit den niederländischen Küstenschutzanlagen bin ich bisher besser vertraut, einfach deshalb, weil die südlichen Niederlande, besonders die Provinz Seeland, für uns im Südwesten schneller zu erreichen sind als die deutsche Nordseeküste. 

Oben auf dem Sperrwerk stehen wir plötzlich mitten in einer Vogelkolonie. Hier brüten Lachmöwen und Küstenseeschwalben. Wir stehen sehr lange dort und beobachten die zahllosen kleinen Vögel bei ihren Aktivitäten. Sie fliegen sehr schnell und sicher, schlagen Haken, lassen sich in den Wind fallen. So viele sind gleichzeitig in der Luft, wie schaffen sie das, ihre Flugbewegungen zu koordinieren und nicht ständig zusammenzustoßen? 

Auf dem Geländer halten sich auch ständig etliche Vögel auf und beobachten wie wir das Treiben. Noch mehr Vögel sitzen auf den Steinen unterhalb des Weges. Darunter viele Jungvögel, erkennbar weniger an ihrer Größe, sondern an ihrem dunklen Federkleid. Die ausgewachsenen Lachmöwen sind, ebenso wie die Küstenseeschwalben, weiß, bis auf ihre dunklen Köpfe. Die Seeschwalben haben einen lustigen schwarzen Kamm auf ihren Köpfen. Es ist schwer, sich hier wieder loszueisen.

Aber wir wollen ja noch nach Sankt Peter-Ording. Weit ist es jetzt nicht mehr. Der Campingplatz, auf dem wir reserviert haben, liegt am Südende des Ortes. Der Betreiber ist sehr entspannt. Unser Platz liegt mittendrin, es ist nicht überfüllt, aber die meisten Plätze sind belegt. Gleich vorne auf der Rasenfläche ein Zwölftonner Luxuswohnmobil, mehr als übertrieben und vollkommen deplatziert auf einem Campingplatz, auf dem es doch eigentlich um das einfache Leben geht. Viele Teilintegrierte, aber auch Wohnwagen. Die Atmosphäre ist ein wenig spießig.

Der Platz verfügt über zwei Waschhäuser, die vollkommen ausreichend und in gutem Zustand sind. Ohnehin gehöre ich zu den Frühaufstehern und komme nie in die Situation, zu viele Leute gleichzeitig dort anzutreffen.

Wir fahren am Nachmittag noch mit den Fahrrädern los. Auf der Rückseite des Platzes gelangen wir über eine kleine Gartentür auf einen Fußweg. Schnell sind wir am Deich, dahinter befindet sich nicht etwa das Meer, sondern über mindestens 100 Meter Breite liegen grüne Salzwiesen vor uns. Hinter den Salzwiesen beginnt das Watt, so dass das Wasser bei Ebbe von hier aus nicht zu sehen ist. Die Landschaft ist wunderschön. Linker Hand sieht man zwei Pfahlbauten, es handelt sich um ein großes Standlokal und ein WC am Südstrand von SPO, wo auch tagsüber Parken erlaubt ist. 

Wir fahren den Deich weiter nach Norden Richtung SPO-Bad. Immer wieder führen kleine Wege auf die Salzwiesen. Es ist aber nicht möglich, hier an der Wasserlinie entlang bis zum Hauptstrand zu gehen. Der Weg zieht sich, gleich zu Beginn passieren wir einen alten Leuchtturm. An verschiedenen Stellen kommen breite Wege aus den Ortsteilen. In Bad ist es sehr lebhaft. Eine lange Seebrücke, deren Ende nicht zu sehen ist, führt über die Salzwiese, die hier schmaler ist, und eine erste Düne an den Strand. Dahinter sieht man schon weiter Pfahlbauten für die Gastronomie. Der hölzerne, als breiter Steg angelegte Vorplatz ist voller Menschen, es ist Freitagnachmittag, das Wochenende beginnt. Ein großes In-Lokal der Sylter Marke Gosch wartet auf Gäste. 

Wir lassen die Räder stehen und gehen über die Seebrücke an den Strand. Am Eingang wird tagsüber die Kurkarte kontrolliert oder alternativ Eintritt erhoben. Laut Bodenmarkierungen herrscht hier Linksverkehr. Die blauen Pfeile sind unübersehbar, aber natürlich nicht für alle. Ebensowenig werden die Hinweisschilder, dass Masken zu tragen sind, von allen befolgt. Es ist recht voll, für uns zu voll, für hiesige Verhältnisse wahrscheinlich noch leer. Am Ende der Seebrücke verteilt sich die Menge schnell. Der Sand ist weich, der Strand riesig. Nach Norden geht es einige Kilometer weit, bis zum Autostrand, wo die Küste nach rechts abknickt und der Strand hinter der Kurve zu Ende ist. Wir gehen nur ein paar Schritte, weil es uns heute sonst zu spät wird.

Zurück fahren wir durch die Flanierstraßen von SPO-Bad, Freßladen neben Boutique neben Souvenirladen. Ich hätte nicht gedacht, dass Sankt Peter-Ording so groß bzw. so langgestreckt ist. Zwischen dem Zentrum von Bad und dem Zentrum von Dorf liegen große Wohngebiete, mit großen Wohnhäusern, Villen, Hotels, im Landesinneren befindet sich ein Gewerbegebiet mit Einkaufsmärkten, die wir jetzt aufsuchen, um unsere Vorräte aufzufüllen. 

Abends gehen wir durch die Salzwiesen an den leeren Strand. Die Strankkörbe bleiben abends unverschlossen, so dass Vorbeikommende sich hineinsetzen können, was sie auch gerne tun. Ein paar Strandkörbe stehen auf einem hölzernen Podest. Hier ist gerade eine kleine Party zugange.

Am nächsten Morgen starten wir zu einem langen Spaziergang vom Campingplatz zum Strand und den Strand entlang bis fast zum Nordende. Es ist bereits 11 Uhr, als wir einen Kaffee in dem Strandpavillon hinter der Seebrücke zu uns nehmen. Wir gehören zu den ersten Gästen, die Stimmung ist entspannt, der Kellner freundlich. Danach gehen wir weiter. 

Es zieht sich, die Zeit vergeht, wir werden langsam müde und würden gerne etwas essen. Das nördliche Pavillon hat leider geschlossen, nur ein Imbiss mit Fastfoodgedöns ist geöffnet. Das nächste, südlichere Pavillon hat geöffnet, es liegt gerade weit im Wasser und ist über einen langen Steg zu erreichen. Dort benötigen wir aber einen aktuellen negativen Coronatest, den wir nicht haben.

Also gehen wir  weiter, nicht über den Strand, sondern über den nördlichen Zuweg in den Ort. Hinter der Düne entdecken wir einen Imbisswagen, dahinter weit verstreut Holztische und -bänke zum Sitzen. Das gefällt uns, hier kaufen wir uns ein Matjesbrötchen und anschließen Kaffee mit gedecktem Apfelkuchen. Die junge Frau im Imbiss ist freundlich und gesprächig, sie eröffnet uns, dass weder sie noch ihr Kollege, der gerade die Matjesbrötchen zubereitet, selbst je Matjes gegessen hätte, dass sie aber bald bereit dafür wäre. Ah ja. 

Es sitzt sich schön hier, die Sonne scheint. Plötzlich sehen wir hinter der Düne eine schwarze Rauchwolke aufsteigen. Eindeutig ein Feuer. Sieht nicht natürlich aus, sondern so, als ob etwas brennen würde. Jemand sagt, bei der dunklen Farbe des Rauchs könnte es nur ein Auto sein, das hier brennt. Wir hören die ersten Martinshörner. Als wir weiter gehen, einen inneren Deich entlang, kommen weitere Einsatzfahrzeuge von der Feuerwehr vorbeigefahren. Ganz schön viele insgesamt. Später lesen wir, dass ein Wohnmobil auf dem Strandparkplatz ausgebrannt ist. Eine tragische Geschichte, das Wohnmobil gehörte zwei Kitesurflehrern, die darin wohnten und ihr Büro hatten. Das Fahrzeug ist völlig ausgebrannt und damit ihr ganzer Besitz. Auf dem Weg den Strand entlang sind mir die vielen Wohnmobile, die dort tagsüber stehen, aufgefallen. Ich habe ein paar Fotos gemacht und merkwürdiger Weise, das ist mir hinterher aufgefallen, habe ich genau das später abgebrannte Fahrzeug fotografiert.

Wir gehen weiter und weiter, landen schließlich wieder in Sankt Peter-Ording-Bad, gehen in ein paar Geschäfte, kaufen bei Edeka Obst und Gemüse, im Fischladen Matjes und Brathering, nehmen hier den Bus Linie 3 bis zum Marktplatz von SPO-Dorf. Statt auf den nächsten Bus zu warten, was mir zu lange dauert, gehen wir durch das Zentrum. Kleinere Häuser, alles sehr hübsch, auch hier viele Läden und Restaurants, viel netter als im wimmelnden Zentrum weiter oben. Weil wir nicht die lange gerade Straße bis zum Campingplatz weitergehen wollen, nehmen wir den Weg Richtung Strand und durch die Deichbegrünung nach Süden, landen dann aber wieder in einem Wohngebiet und später, kurz vor dem Leuchtturm, auf dem äußeren Deich. Die Füße tun langsam weh, wir sind müde, schaffen es aber natürlich locker bis zum Campingplatz. Jetzt erst mal ausruhen. 

Zum Abendessen gibt es den Fisch mit Brot und dazu Salat. Später fahren wir mit den Rädern nochmal zum südlichen Strand und schauen dem Sonnenuntergang zu. Der Strand ist um diese Zeit leer, das Wasser weit entfernt. Schön, diese Einsamkeit.

Sonntag. Heute will ich endlich wieder eine Runde joggen. Vom Campingplatz zum Deich, durch die Salzwiesen und über den Parkplatz. Jetzt bin ich im, endlos in alle drei Richtungen. Das Meer ist weit entfernt. Außer mir sehe ich nur weit entfernt jemand mit Hunden laufen. Um 6:30 Uhr steht die Sonne schon hoch am Himmel und wärmt. 

Ich laufe weit in Richtung Meer. Immer wieder über ganz weichen und breiigen Boden, in dem meine Füße tief und weich einsinken, dann durch Priele mit warmem oder kaltem Wasser. Hier muss ich dann gegen die Strömung ankämpfen und komme langsamer voran. Erst laufe ich ein gutes Stück nördlich Richtung großem Strand, dann westlich Richtung offenem Wasser, dann südlich der Wasserlinie entlang. 

Der Strand weicht nach Osten zurück, an den Häusern am Strand bin ich schon ein gutes Stück vorbei. Jetzt laufe ich gerade auf die Dünen zu, hier ist der tiefe große Priel. Durch den laufe ich durch, bis zu den Knien im Wasser. Dann noch einen Bogen südlich, bis ich Richtung der Pfahlgebäude laufe. Erst komme ich zu dem Podest, auf dem ein Strandkorb steht. Es ist ein Rettungsposten des DLRG. Der Bereich vor der Düne ist Rückzugsgebiet für Brutvögel, darauf weisen Schilder hin. Jetzt ist es Zeit, wieder zurückzulaufen, über den Parkplatz und durch die Salzwiesen, auf die Düne und zum Campingplatz. Eine alles andere als alltägliche Joggingrunde. 

Nach dem Frühstück brechen wir mit den Rädern auf. Es ist ein herrlich sonniger Morgen. Wir wollen eine große Runde durchs Hinterland drehen, um auf der anderen Seite der Küste zu dem großen Leuchtturm zu gelangen. Zunächst fahren wir ein Stück südlich die Küste endlang über den geteerten Deichweg. Schafe grasen in großen und kleinen Herden auf dem Deich. Es sind viele Menschen mit den Rädern unterwegs, kein Wunder, heute ist Sonntag.

Wir biegen vom Deich ab ins Hinterland, auf kleinen und wenig befahrenen Straßen entlang großer Felder. Wir passieren den Flugplatz, kommen durch einen Inlandsdeich und sehen vor uns den nächsten Deich. Wir sind an der nördlichen Küste dieses kleinen Landzipfels angekommen. Hier verläuft ein gut frequentierter Radweg, wir folgen ihm in nördlicher Richtung und landen zunächst, über einen kleinen Weg den Deich überquerend, in einem winzigen Hafen, der mitten in den Salzwiesen liegt und über einen Priel mit dem Wasser verbunden ist. In der Ferne der große Westerhever Leuchtturm mit den beiden Nebengebäuden. Da wollen wir hin.

Der Weg führt weit herum um die Salzwiesen, dem Verlauf der Deiche folgend. Es fährt sich gut über die geteerten Wege, nur wegen des Radverkehrs ist besondere Aufmerksamkeit notwendig. Immer wieder müssen Gatter passiert werden, die die Schafe und Rinder am Weiterlaufen hindern sollen. An einem besonders exponierten Gatter versperrt eine Gruppe älterer Radfahrer:innen den Weg, sie haben es nicht wahrgenommen, sind mit sich selbst beschäftigt. Wir verlassen hier den Deich und fahren nach Westerhever, um uns den Ort anzuschauen und dort vielleicht einen Kaffee zu trinken.

Der Ort ist klein, das Gasthaus sieht verschlossen und wenig einladen aus, ehe wir uns versehen, sind wir schon wieder draußen, da sehen wir weit entfernt, wieder am Deich eine Häusergruppe mit Parkplatz. Hier ist eine Imbissbude eingerichtet. Ein kleines Flachdachhaus mit großer Außenanlage, an der sich schon einige Leute aufhalten. Wir parken die Räder und ich hole uns einen Kaffee, für etwas zu essen ist es noch zu früh, obwohl es lecker aussieht. Sie machen frische Fischbrötchen. Auch der Kaffee ist sehr gut. Nebenan ist ein weiterer kleiner Laden, der unter anderem Schafswollenes verkauft. 

Über den Deich geht es weiter, jetzt wird es noch voller, weil die Besucher:innen, die mit dem Auto angereist sind, dazu kommen. Der Leuchtturm ist nahe, aber der Weg dorthin führt weit außen herum um die Salzwiesen, lange gerade Wege mit Neunziggradkurven. Wir sind schnell am Leuchtturm, der ist natürlich geschlossen, aber die Atmosphäre hier draußen ist großartig. Wir machen viele Fotos, entdecken die verschiedenen Seevögel, die hier draußen leben. Ein Stichweg führt Richtung Strand. Wir fahren den Weg bis zum Ende und setzen uns in die Sonne. Das Meer ist so weit entfernt, dass wir es nicht sehen können. Ingrid will hinlaufen, da ich am Morgen schon ausgiebig am Meer war, bleibe ich hier liegen. Es dauert lange, bis sie zurückkommt, sie hat für eine Strecke sage und schreibe fünfundzwanzig Minuten benötigt. So weitläufig ist das Watt.

Wir fahren weiter, zunächst die ganze Strecke zurück bis zu der Stelle, an der wir auf den Deich gestoßen sind, dann geradeaus weiter die Küste entlang bis Sankt Peter-Ording. Jetzt fängt der große Strand an, Wir kommen von Norden her in den Ort, der Autoverkehr ist zum Strandparkplatz ist schlimmer als jede Rush Hour in der Großstadt.. Wir fahren an den nördlicheren Ortsteilen vorbei bis nach Sankt Peter-Dorf, wo wir uns freitags schon umgesehen hatten. Wir wollen hier essen gehen und finden im Ortskern ein nettes Lokal mit Garten. Wir bestellen gemischte Fischplatten. Hat sich gelohnt, auch wenn die Aufmerksamkeit des Kellners mit der Zeit nachlässt und es zunehmend voller wird.Aber wir sind jetzt fertig und machen Platz für andere. 

Mit dem Rad sind wir schnell am Campingplatz, anders als am Samstag, als wir zu Fuss hier durch kamen und gefühlt eine Ewigkeit benötigten. Jetzt schön unter der Markise sitzen. Abends ein letztes Mal raus zum Strand und den Blick in der unendlichen Weite des Watts verlieren lassen.

Montag, Zeit für den Aufbruch. Wir wollen weiter, Neues sehen, nicht verharren. Zum Auschecken kommt der Platzwart vorbei und liest den Stromverbrauch ab. Erst dann können wir das Kabel aufrollen und verstauen. Das Klo habe ich schnell entsorgt, mit dem Grauwasser dauert es etwas länger, wie so oft ist das Rangieren des Campers auf dem engen Platz umständlich, außerdem steht vor uns noch ein anderer Kastenwagen. Obwohl es noch früh am Morgen ist, quetschen sich schon zwei Wohnwagengespanne vor der Einfahrt und warten auf Einlass. Wir sind fertig und düsen los.

Unsere erste Etappe ist Friedrichstadt. Das ist nicht weit entfernt, liegt an Eider und Treene und verfügt über einen Hafen und viele kleine Kanäle. Die Stadt ist eine ehemals holländische Siedlung, die der zuständige Landesfürst initiiert hat. Eine schöne quadratische Anordnung der Straßen, kleine Häuser mit großen Fenstern. Nette Läden, am zentralen Platz eine große Bäckerei, hier kaufen wir ein vorzügliches Vollkornbrot und (natürlich) Kuchen. 

Die nächste Etappe ist der Nord-Ostsee-Kanal. Wir fahren über Land durch das wilde Schwabstedter Moor, über kleine und noch kleinere Straßen, Feldwege fast, teils mit schlechter Teeroberfläche, teils geschottert, immer durch große Felder und Wiesen, durch kleine Dörfer und Weiler. Kaum zu glauben, wir verirren uns nicht, sondern sind richtig. Das letzte Stück geht es nochmal über eine Autobahn, die A 7.

Nördlich von Rendsburg fahren wir wieder ab und nehmen eine Landstraße, die parallel zum Kanal verläuft. An einer geeigneten Stelle mit Parkplatz halten wir an, Kaffeepause und kleiner Gang zum Kanal. Der verläuft natürlich schnurgerade, weit entfernt erkennen wir die Autobahnbrücke, dort sind auch zwei größere Schiffe zu sehen, die den Kanal befahren. Es sind einige Radfahrer:innen unterwegs, einige Ausflügler sitzen mit Liegestühlen am Ufer. Wir fahren weiter nach Seestadt und setzen dort mit der Fähre über den Kanal. Überraschung: die Überfahrt kostet nichts. Der Kaiser hatte seinerzeit verfügt, dass die Fähren über den Nord-Ostseekanal kostenlos genutzt werden können. Das gilt bis heute. Vom anderen Ufer aus schauen wir zurück auf die Fähre und den Kanal. Endlich kommt auch ein großes Schiff vorbei, und man sieht den Unterschied zu einem Fluss. Dort sind nur relativ kleine Binnenschiffe unterwegs, hier fahren hochseefähige Schiffe entlang.

Nach einigen Kilometern fahren wir auf die Autobahn nach Kiel. In Kiel nehmen wir die Bundesstraße Richtung Fehmarn. Die Straße ist zweispurig, kurvenreich und mehr als gut befahren, sehr viele Lastzüge sind unterwegs. Aber wir müssen nicht hetzen. Am Selenter See stoppen wir auf einem Parkplatz vor einem Campingplatz und gehen durch eine Unterführung an den See. An dem Strand davor halten sich einige Leute auf, denn es ist ein warmer und sonniger Tag. Wir fahren weiter nach Lütjenburg. 

Die kleine Stadt wirkt trotz der Menschen darin etwas verlassen. Schöne rote Backsteinhäuser, eine kleine Fußgängerzone, eine große Backsteinkirche. Weiter außerhalb liegt ein Aussichtsturm mit schönem Ausblick auf die grandiose Landschaft: hügelig, verschlungene Wege, üppige Felder und Wiesen und die Ostsee im Blick. Blauer Himmel mit vielen buschigen weißen Stratokumuluswolken. 

Zurück durch Lütjenburg fahren wir weiter nach Heiligenhafen. In Oldenburg (Oldenburg in Holstein, nicht Oldenburg in Oldenburg) fahren wir auf die Autobahn 1 nach Fehmarn. Heiligenhafen liegt knapp vor der Insel. Der große Wohnmobilstellplatz liegt weit außerhalb. Man kann sich am Automaten einchecken und dann selbst einen Platz suchen. Es sind viele Mobile am Start. Die Stellplätze sind groß und mit Rasen belegt. Ein zweiter Teil, gegenüber am Binnengewässer, ist ein reiner Parkplatz, kostet aber dasselbe, nämlich zu viel für die ungünstige Lage und die Ausstattung. 

Deshalb bleiben wir nicht, sondern fahren zurück zum Hafen und über eine Art Brücke am Wasser entlang auf die vorgelagerte Landzunge. An ihr liegen links und rechts große und kleine Hotels und andere Ferienunterkünfte, viele Parkplätze, einige privat, andere mit Parkuhren. Am Ende der Platz, der auf park4night genannt ist. Hier besteht aber ein ausdrückliches Verbot, nachts zu parken. Ein Stück zurück liegt ein weiterer großer Parkplatz, ebenfalls mit Parkautomat. Hier ist das Parken bis 18 Uhr kostenpflichtig, danach frei, keine Beschränkung, kein explizites Übernachtungsverbot. Hier stehen schon zwei VW-Campingbusse, die Schiebetüren einander zugewandt. Die übernachten offensichtlich auch hier. In der Ecke ein Subaru mit Dachzelt. Ich parke so ein, dass wir auch nachts stehenbleiben können, wir stehen plan. Erst einmal Kaffee trinken. Dann entscheiden wir, mit den Rädern in die Stadt zu fahren, sie anzuschauen und dort etwas zu essen.

Es wird langsam Abend, die Sonne steht tief und leuchtet grell. Das lange Fahren und die Stellplatzsuche hat mich ermüdet, so dass ich nicht die rechte Lust habe, durch den Ort zu gehen. Aber der quirlige Hafen ist sehenswert, auch die große, erhöht stehende Stadtkirche ist beeindruckend. Nach einem kurzen Gang in die Innenstadt umrunden wir noch das Hafenbecken, auf der anderen Seite sind einige Restaurants und ein großer Fischverkauf mit Imbiss der Fischereigenossenschaft. Inhouse essen darf man nur mit negativem Test, zum Kaufen und Mitnehmen reicht die Maske. Außerhauskunden ist sogar der Zugang zum Klo verwehrt. 

Wir nehmen Kibbeling, es dauert recht lange, bis er fertig ist, denn er wird frisch zubereitet. In der Zwischenzeit stehen wir verloren in der Halle herum. Verpackt ist er in dem üblichen Styropor und in einer Plastiktüte. Wir gehen zu den Rädern und wollen den Fisch ein Stück entfernt an der Promenade am Ufer der Ostsee essen. Als wir auspacken stellen wir fest, dass kein Besteck dabei ist. Na wunderbar. Also machen wir das einzig Mögliche: wir schwingen uns auf die Räder und fahren zurück zum Auto. Dort haben wir Besteck. 

Wir essen draußen, ich sitze auf der Mauer. Die Möwen haben das Essen gerochen und kommen immer näher, so dass wir sie vertreiben müssen. Ringsherum richten sich Leute für die Nacht ein. Das Paar aus dem Subaru hat schon das Dachzelt aufgeklappt. Die Leute aus den VW-Campern sind auch beim Abendessen, sie wahren wohl den Tag über am Strand. Da gehen wir jetzt auch hin und setzen uns in späte Sonnenlicht. WC’s gibt es einige, laut park4night werden sie aber nachts abgeschlossen. Später drehen wir noch eine größere Runde am Ufer entlang bis zur Steilküste. Wie immer schlafen wir fest und ungestört auf diesem Parkplatz, freistehend hat wirklich was von Freiheit.

Kommentare