Mosel und Luxemburg (Teil 2): Echternach und der Müllerthal-Trail


Ein neuer Tag, ein neues Abenteuer.  Nachdem wir am Vortag die Geiersley hoch und anschließend in ein Weinmuseum hinunter geklettert und in die Welt der Römer und den antiken Weinbau an der Mosel eingetaucht waren, verlassen wir Wintrich, überqueren bei Piesport die Mosel und fahren übers Land nach Echternach.

Luxemburg ist ein bemerkenswertes kleines Land im Herzen von Europa. Ehemals Teil des sogenannten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, gehörte es dann zum deutschen Bund, verlor seine französischsprachigen Teile an Belgien, so dass der Teil mit dem deutschsprachigen moselfränkischen Dialekt übrig blieb. Es wurde vom niederländischen Königshaus regiert, woraufhin Napoleon versuchte, den Niederländern das Herzogtum abzukaufen. Das führte zur Luxemburgkrise, in der die Bevölkerung deutlich machte: "Mir wëlle bleiwe wat mir sinn".  

Später übernahmen infolge fehlender männlicher Erben im Hause Oranien die Nassauer Fürsten den Laden und regieren ihn noch heute als eine parlamentarische Monarchie. Im Nachkriegseuropa wurde Luxemburg zu einem der Motoren der europäischen Einigung und spielt als kleines Land seitdem stets eine wichtige Rolle.

Neben Deutsch und Französisch wurde Lëtzebuergisch zur dritten Amtssprache. Dieser weiche, singende moselfränkische Dialekt erhielt erst vor kurzem eine fixierte Grammatik. Er ist in Zeitungen zu lesen, in Funk und Fernsehen zu hören und wird natürlich im Alltag verwendet. Diese spezifische Variante des Moselfränkischen wird auch in Teilen der westlichen Eifel, insbesondere im Bitburger Raum, gesprochen.

 

Echternach, die kleine, aber älteste Stadt Luxemburgs liegt unmittelbar an der Grenze zu Deutschland, am Ufer der Sauer, die über eine lange Strecke die Grenze markiert. Das am anderen am anderen Ende der über den Fluß führenden Steinbrücke liegende Echternacherbrück ist eine kleine und noch recht junge rheinland-pfälzische Gemeinde.

In der Rue de Bénédictins am Ortseingang, gleich neben dem Ufer, weist Park4Night einen großen Parkplatz mit Wohnmobilplätzen aus. Ver- und Entsorgung ist vorhanden, lediglich das Übernachten ist hier nicht erwünscht. Die Stellflächen sind großzügig angeordnet, hier kann man gut und kostenlos den ganzen Tag stehen und von hier aus die Stadt erkunden. 

Wären nicht ein paar Autofahrer:innen der Meinung, sie müssten ihre PKW hier abstellen. Für uns ist kein Platz mehr frei, wir quetschen den Camper notgedrungen auf den letzten noch verfügbaren PKW-Parkplatz und rücken dabei dem nebenan Parkenden für meinen Geschmack zu dicht auf die Pelle. So macht man sich Freunde.

Aber jetzt gehen wir erst einmal in die Stadt. Über den Lauterburerbaac in die Rue de Redoutés, vorbei an dem modernisierten Stadtturm, der, soweit ich das verstanden habe, eine interessante Ferienwohnung beherbergt. Da sind wir schon an der alten Steinbrücke. Davor steht noch das Zollhäuschen, das heute zum Glück nicht mehr benötigt wird. Auf der Brücke schaut Abt Johannes Bertels geduldig auf den Fluss. Geduld hat er, denn er ist aus Stein gemeißelt. Der echte Johannes Bertels lebte vor 400 Jahren und wurde als Chronist Luxemburgs bekannt. 

Von der Brücke aus sieht man schon die große Abtei, die heute unter anderem das Lycée Classique d'Echternach samt Internat beherbergt. Hinter dem gewaltigen Gebäudekomplex tauchen schon die Türme der Basilika auf. Sie ist nach dem britischen Mönch Willibrord benannt, mit dem die Geschichte der Abtei und letztlich die historische Bedeutung der Stadt beginnt, auch wenn bereits die Römer hier ansässig waren. 

Der Missionar und spätere Erzbischof, Verbündeter des fränkischen Hausmeiers Pippin, gründete das Kloster im Jahr 698, in einer Zeit, in der Europa vom Norden her, besonders aus Irland, missioniert wurde. Echternach gilt als das erste iro-angelsächsische Kloster auf dem europäischen Festland. Später wurde die Abtei vom Benediktinerorden übernommen, das Klosterleben fand mit der französischen Revolution ein Ende. Die Kirche selbst wurde immer wieder zerstört und wiederaufgebaut, zuletzt im Jahr 1953. Als Pfarrkirche von Echternach hat sie heute den Status einer päpstlichen Basilica minor. 

Der Bau ist beeindruckend groß, die hohe Decke flach, obwohl es sich ja längst nicht mehr um romanische Architektur handelt. Das Haupthaus ist wie üblich dreischiffig, die Motivfenster leuchten in einem blauen Grundton, ebenso die große Rosette oberhalb des Eingangsportals. Der Altarbereich ist hell erleuchtet. 

In der Krypta unterhalb des Altarraums befindet sich das Grab des als Heiligen verehrten Willibrord. Bekannt ist Echternach für die sogenannte Springprozession, eigentlich eine Tanzprozession zu Musik, daher auf Französisch La Procession Dansante, die heute noch zu Ehren des Heiligen Willibrord nach Pfingsten mit großer Beteiligung durchgeführt wird.

Beim Gang durch die Altstadt fallen die vielen Baustellen auf. Auch vor den Häusern stehen Bauzäune und Gerüste. Große Schilder klären uns auf über das, was wir nicht wussten: die Flutkatastrophe des aktuellen Jahres 2021, die wir besonders mit dem Ahrtal verbinden, fand auch in Echternach statt, als am selben Tag, dem 15. Juli 2021, die Sauer über die Ufer trat und Echternach überschwemmte. Jetzt ist der Wiederaufbau im Gange, und im besonderen die Inhaber:innen der Geschäfte in der Innenstadt versichern in einer Plakataktion, dass sie nicht aufgeben werden.

Architektonisch ragt aus dem gemütlichen Umfeld der Marktplatzbebauung mit seinen französisch anmutenden Brasserien der Denzelt heraus, das ehemalige Gerichtsgebäude mit einer rennaissancehaften Fassade. Wir setzen uns, trotz der niedrigen Temperaturen, vor ein nettes kleines Café und werden von zwei jungen Männern sehr zuvorkommend bedient. Es gelingt uns nur mit Mühe, dem Angebot der Kuchentheke zu widerstehen.

Hier in Echternach sind wir schon mitten in der Kleinen Luxemburger Schweiz, dem Müllerthal - benannt nach dem gleichnamigen Ort. Durch die Region führt der über hundert Kilometer lange Müllerthal-Trail, ein Wanderweg, der auch Echternach streift. Und so wollen wir ein kleines Stück auf dem Trail entlang gehen, und zwar dorthin, wo es dem Namen nach abenteuerlich zu werden verspricht, in die Wolfsschlucht, auf Lëtzebuergisch Wollefsschlucht, auf Französisch Gorges du Loup.

Am Ortsrand geht's gleich den Hügel hinauf, wo man vom Trooskneppchen, einem kleine Pavillon aus, einen Blick auf die ganze Stadt hat. Hier fängt schon der dichte Wald an, der schmale Trail verläuft oberhalb des Sauertals mit Blick auf den entfernten Fluss. Um den Weg herum liegen immer wieder große Findlinge. Nach links steigt der Hang steil und immer steiler werdend an, bis aus dem Hang Felsen werden, senkrechte hohe Felsen. Noch sind sie in einiger Entfernung, dann aber steigt der Weg über eine steinige Treppe an und wir stehen mitten drin in der Wolfsschlucht. 

Wir stehen vor senkrechten Felswenden, vielleicht dreißig, vierzig Meter hoch. Rechts die Schlucht zwischen zwei Wänden. Der Boden dazwischen liegt vielleicht noch zehn Meter tiefer, dahinter geht es steil hoch durch eine weitere Felslücke hindurch. 

Wir durchqueren die enge Schlucht, steigen über Treppenstufen hoch, kommen auf einer höher gelegenen Terassse heraus, der Trail führt geradeaus weiter, ein Weg biegt nach rechts ab, eine weitere Treppe, die noch auf den einzel stehenden Felsen führt, ein dritter Weg führt nach links, ebenfalls steil nach oben auf den Rücken des Felsenmassivs.

Wir gehen zunächst auf den Solitär hinauf. Es ist schmal oben, aber ein Geländer führt um die natürliche Plattform herum. Trotzdem sollte man hier oben ein wenig schwindelfrei sein. Der Blick hinunter in den Spalt zwischen dem Felsen und der Wand ist spektakulär.

Wir gehen wieder runter und nehmen die Treppe gegenüber hinauf auf den Rücken der Wand. Von hier aus kann man ein bisschen weiter aufs Land sehen, auch wenn es ein trüber Herbsttag ist. Ein weiterer Pfad führt über die Höhe entlang zu unserem Ausgangspunkt zurück. Er folgt später einer Absenkung und landet wieder auf dem Trail. Wir gehen zurück nach Echternach.

Im Auto angekommen ist es an der Zeit für einen kleinen Kaffee, den wir mit der Groenenburg French Press zubereiten. Dazu gibt es etwas Käsekuchen vom Braunerberger Bäcker, den wir gestern gekauft haben. 

Jetzt machen wir uns auf den Weg zu unserer nächsten Etappe, Vianden. Google-Maps und iGo sind sich mal wieder uneins. Aber iGo ist über die Umleitungen wegen einiger Straßenarbeiten, vermutlich auch in Folge der Überschwemmungen, informiert. Und so fahren wir ein wenig im Zickzack durch die Wälder, bis wir in einem kleinen Kaff wieder an der Sauer angelangt sind. Im nächsten Weiler biegen wir, dem Wunsch der Software folgend, nach rechts ab und stehen vor einer sehr schmalen und sehr alten Brücke. 

Die Fahrbahn ist gerade so breit wie der Ducato. Laut Schild ist die Brücke auf 3,5 Tonnen beschränkt, das passt. Noch eben den Fahrradfahrer passieren lassen, dann fahren wir rüber. Die Steinbrücke macht jedenfalls einen solideren Eindruck als die Hängebrücke in Slowenien, die für 4 Tonnen zugelassen war, aber sogar schwankte, als wir nur darüber gingen.

Jetzt sind wir auf deutscher Seite und schlängeln parallel zur Sauer nach Norden. Es wird schon wieder dunkel. Wir passieren einige kleine Dörfer und viel offenes Land, immer wieder Waldabschnitte. Es herrscht doch einiges an Autoverkehr, die Straße ist schmal, aber einmal muss sich ein BMW an uns vorbeidrängeln, nur um vor uns doch wieder langsam fahren zu müssen. 

Die Straße endet, wir biegen nach links ab und sind nach wenigen Kilometern in Vianden angekommen. Der Wohnmobilstellplatz liegt am Ufer der Our, das Navi weiß Bescheid, einmal links, einmal rechts, wieder links und wieder rechts, und wir sind am Wasser. Die Schranke ist offen, links ein Blumenladen, dahinter ein größeres Gebäude, dann kommen die Stellplätze, schräg zum Wasser hin. Es stehen eine ganze Reihe an Wohnmobilen auf dem Platz, aber er ist größer als erwartet. Weiter hinten sind noch einige Flächen frei und wir suchen uns den schönsten aus. Rückwärts einparken, fertig. Wir stehen ein klein wenig schräg, aber das macht nichts, kein Grund, die Keile auszupacken.

Strom ist hier wieder inklusive, also Kabel raus und Landstrom anschließen. An der Schranke ist der Bezahlautomat, wir ziehen uns für 15 Euro - Kartenzahlung ist möglich - ein 24-Stunden-Ticket. Wir schauen noch in die Sanitärräume. Wow. Sehr großzügig: viele Waschbecken, wie auf einem Campingplatz, einige Duschen und Toiletten, sogar ein Geschirrspülbereich, ein Wickelraum und ein rollstuhlgerechtes WC. Das erhöht gelegene Gebäude selbst ist per Treppe sowie per Rampe zugänglich. Sehr gut gelöst. Ein wirklich toller Wohnmobilstellplatz.

Wir haben keine Lust zum Kochen und wollen uns ein Restaurant in der Stadt suchen. Der Uferweg ist weiter oben gesperrt. Offenbar auch hier größere Schäden durch das Hochwasser im Juli. Wir wollen hoch in den oberen Teil der Altstadt auf dem rechten Ufer der Our. Die schmale Ortsstraße entlang, vorbei an der Sankt Nikolaus-Kapelle und dem Hotel Victor Hugo. Im Fenster hängt ein Schild, Moules sont arrivées, leider ist das Haus geschlossen, nix mit Muscheln. Auf der Brücke schaut uns Victor Hugo persönlich entgegen, beziehungsweise seine Steinbüste. Der französische Schriftsteller hat hier für längere Zeit gelebt, da er sich zuhause bekanntlich mit der Obrigkeit angelegt hatte. 

Das Café du Pont sieht recht einladend aus, aber die Speisekarte ist auf den ersten Blick sehr fleischlastig. Wir gehen weiter die Straße hinauf und finden ganz weit oben die Auberge Aal Veinen - Alt Vianden. Das sieht auch nett aus. Wir gehen rein, die meisten Plätze sind reserviert, aber man findet noch einen Tisch für uns. Beruhigender Weise werden hier auch die Impfausweise kontrolliert. Ich wähle eine Gemüsequiche, die wirklich ausgezeichnet schmeckt, Ingrid nimmt eine Forelle. Dazu ein gezapftes Bier. Ein Glas Wein nehmen wir dann später im warmen Camper zu uns. Morgen schauen wir uns Vianden bei Tageslicht an.


Das Video zu unserer Tour ist bereits online unter tinyurl.com/Mosel-Luxemburg

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