Mosel und Luxemburg (Teil 3): Eine alte Burg, viele zerstörte Dörfer, schräge Vögel - Von Vianden über Diekirch nach Konz

Der erste Blick aus dem Wohnmobilfenster läßt mein Herz höher schlagen: blauer Himmel! Jetzt ist kein Halten mehr. Einen schönen heißen Kaffee, dann unter die Dusche und anschließend Schiebetür auf und raus vor die Campervantür. Was haben die Radiomoderator:innen gestern und heute wieder sich wieder überschlagen mit ihren Prognosen für einen trüben, verhangenen Tag. Und jetzt ist der Himmel blau, zumindest hier in Vianden.

Die Luft ist kalt und klar. In der Ferne, weit oben im Tal, leuchtet die Burg Vianden. Dort scheint bereits die Sonne, wir liegen hier unten an der Our noch im Schatten. Ein paar Hunde werden schon Gassi geführt, auch unter den Wohnmobilisten sind Hunde weit verbreitet. Auf dem Wasser sind die Enten mit viel Radau unterwegs. Plötzlich lautes Geschrei, dann fliegt ein großer weißer Vogel davon: ein Silberreiher, eine Vogelart, die nicht so häufig zu sehen ist. Er fliegt talabwärts und verschwindet hinter der Flußbiegung. Leider kommt er nicht zurück.

Dafür steigt von unten jetzt dichter Nebel auf, noch hängt er über dem Wasser. Wird er den blauen Himmel verdecken?  (Wird er nicht!) Wir gehen los Richtung Stadt. Am anderen Ufer der Our, etwa zehn Meter entfernt, sitzt ein Graureiher. Vermutlich der Kontrahent des Silberreihers im Revierkampf. Er stolziert auf einem Baustamm auf und ab, pickt ein wenig im Wasser, schaut hierhin und dorthin, ganz entspannt. Wir wollen ihn nicht stören.

Wir müssen wieder den Umweg über die Straße nehmen, da das Ufer gesperrt ist. Der Gehweg ist in der Ortsmitte sehr schmal, was im Zweifel keinen Autofahrer hindert,  mit laufendem Motor die schmale Fläche zuzuparken. Ein kurzer Blick in die Nikolauskapelle und schon sind wir auf der steinernen Brücke in die obere Altstadt. Gegenüber ist ein großes Stück der Stützmauer und der darüber liegenden Straße herausgebrochen. Die Uferstraße auf der rechten Ourseite ist deshalb nicht befahrbar. 

Wir folgen der kopfsteingepflasterten Straße hoch auf den Schlossberg. Gemütlich aussehende Brasserien und kleine Hotels auf der linken Seite, es mutet französisch an. I've seen the future: An einem Pub schaut ein überlebensgroßes  Konterfei von Stanislav Lem auf uns herunter. 

Das Veranstaltungsplakat eines Museums, das den hundertsten Geburtstag des polnischen Intellektuellen würdigt, der für seine herausragenden Zukunftsromane bekannt wurde.

Auf dem Platz vor dem Rathaus, der leider als Parkplatz für Autos benutzt wird, steht die Skulptur einer Personengruppe: Le Badigeonneur, Le Musicien, Le Fou - der Weißer (Weißmaler), der Musikant, der Verrückte. Auf einer Website namens statues.vanderkrogt.net habe ich dazu folgende Erklärung gefunden:

 

Nach der Abschaffung der vormals großen Grafschaft Vianden mussten im besonderen die Handwerker umherziehen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die sogenannten "Veiner Weißerten" (Viandener Anstreicher) zogen durch die Dörfer, um vor den Kirchweihfesten die Häuser zu tünchen. Am Kirmessonntag spielten sie auf den Festen als die "Veiner Musikante". Die Landbevölkerung sah in ihnen die "Veiner Geeken" (Gecken). Deshalb, so der unbekannte Autor, verkörpert die Skulptur im Grunde eine einzige Person, die als Maler, Musikant und somit als Spaßmacher (Fou) in der Region unterwegs ist.

Die Bäckerei nebenan heißt sinniger Weise "Au Croissant d'Or". Da kommen wir nicht dran vorbei, wir müssen reingehen und uns zwei goldene Croissants kaufen. Die einzige Verkäuferin in dem kleinen Laden nimmt gerade eine telefonische Bestellung entgegen. Zeit für uns, die köstlichen Auslagen zu betrachten: neben Croissants und Pain au Chocolat auch Backwaren, an denen der Zuckerguss nur so heruntertrieft - Apfeltaschen, Rosinenschnecken, Quarkteilchen -, Eclaires in den üblichen Variationen und natürlich Baguettes, deren frisch gebackenenen Teig ich schon durch die Scheibe zu riechen und deren knusprige Kruste ich zu brechen hören glaube.

Die Frau vor uns hatte eine Torte bestellt, die sie in einem großen Karton davonträgt. Sie bedankt sich, dass ich ihr die Tür aufhalte. Wir sind noch vor dem kleinen Jungen mit unseren zwei Croissants an der Reihe und hören anschließend, wie der Kleine sämtliche vorhandenen Croissants kauft. Puh, Glück gehabt.

Die Backwaren verstaue ich für später, erst einmal geht es weiter, vorbei am Hotel Heintz, in dem ich seinerzeit übernachtet habe, in einem großen und gemütlichen Zimmer im oberen Stockwerk. Den Abend hatten wir im Restaurantgarten angenehm verbracht. Jetzt aber hat das Hotel geschlossen.

Die Durchgangsstraße biegt weiter oben in einer Kurve nach links ab, geradeaus geht es steil zum Schloss weiter. Bevor wir jedoch das erste Tor erreichen, biegt nach links ein Weg in den Hang hinein. Dort gehen wir zuerst einmal hin. Nach fünfzig Meter öffnet sich der Blick ins Tal und auf den Ort. Nach weiteren zweihundert Metern sehen wir rechts schon den Our-Stausee. 

Wir wählen einen Pfad, der uns höher auf den Berg hinauf bringt. Dort oben liegt die Bergstation eines Sessellifts, der unten in Vianden startet. Der Lift ist nicht in Betrieb. Nach einer Viertelstunde sind wir oben angelangt und sehen weit über Vianden hinaus auf die umliegenden Hügel. Das Schloss, das von unten so gewaltig wirkt, liegt uns zu Füßen. Das Lokal hier oben ist leider auch geschlossen, schade, es wäre nett, jetzt hier in der Sonne mit diesem Ausblick einen Kaffee zu trinken.

So gehen wir wieder runter und endlich durch das äußere Tor auf das Burggelände. Innerhalb dessen steigt der Fels nach links fast senkrecht an, oben ist das innere Burggebäude zu sehen, unerreichbar. Nach einem weiteren - offenen - Burgtor kommt eine moderne Wehranlage: ein Kassenhäuschen mit Schranke. Doch wir wollen ohnehin nicht den schönen Tag in einem Gebäude verbringen und drehen um. Hinter dem Schloss führt ein steiler Pfad runter in den Ort, den nehmen wir. 

Burg Vianden ist wirklich sehr eindrucksvoll, ein großer massiver Gebäudekomplex auf einem hohen Felsen, sie wirkt uneinnehmbar. Die strategische Lage haben schon die Römer erkannt. Bereits im 4. Jahrhundert stand hier ein Kastell. Der heutige Bau entstand in der Zeit vom 11. bis 14. Jahrhundert. Sie gilt als eine der größten noch erhaltenen Burgen westlich des Rheins. Der US-amerikanische Sender CNN listet sie als eine von 21 schönsten Schlössern der Welt. 

Hier lebten und herrschten die Grafen von Vianden, der Besitz und die Machtverhältnisse wechselten dann durch die üblichen Familienverpflechtungen über Sponheim-Kreuznach in Rheinhessen und Nassau-Dillenburg nach Oranien-Nassau, bis die Französische Revolution der Adelsherrschaft ein Ende bereitete. Heute ist der Bau in staatlichem Besitz. 

Wieder unten im Tal angekommen sehen wir, dass es nur noch ein paar hundert Meter bis zum Staudamm sind. Also gehen wir dorthin. Entlang des Friedhofs führt ein Weg hoch auf die Staumauer. Hier unten, genauso wie oben im Hang, wo wir zuvor waren, verlaufen etliche Wanderwege. Hier könnte man schon die ein oder andere ordentliche Wanderung unternehmen. 

Die Staumauer darf betreten werden. Der See schlängelt sich das Tal entlang, ein Ende ist von hier aus lange nicht zu sehen. Unterhalb der Mauer liegen der Friedhof und eine kleine Kirche, die seltsam miniaturhaft aussieht, die Eglise Saint Roche, die Rochuskapelle. Sie sei 1770 erbaut, finde ich auf Wikipedia heraus, und wird auch die neue Kirche, oder auf Lëtzebuergisch Neikiirch, genannt.

Der Stausee ist Teil einer technischen Besonderheit, des Pumpspeicherwerks Vianden. Neben dem acht Kilometer langen Stausee existiert weiter oben im Berg ein sogenanntes Oberbecken. Das Wasser fließt durch Tubinen hinunter, beim Durchlauf wird Strom erzeugt. Der Zweck der Anlage besteht jedoch nicht darin, permanent Strom zu erzeugen, sondern nur in Situationen eines besonders hohen Bedarfs. Wird der Strom dieser Anlage nicht benötigt, dann wird das Wasser aus dem Stausee, dem Unterbecken, in den oberen See hochgepumpt. Die Anlage arbeitet seit 1964 und wurde zuletzt vor zehn Jahren erweitert.

Die Sonne steht jetzt so hoch, dass die Our und der Ortsteil an der Our wieder im Schatten liegen. Wir gehen jetzt zurück zum Wohnmobilstellplatz, vorbei an dem großen Abbruch in der Mauer entlang des Flusses. 

Wir wollen jetzt weiterfahren, und zwar in die nicht weit entfernt liegende Stadt Diekirch. Dazu müssen wir erst einmal runter vom Wohnmobilstellplatz. Hoppla, das ist gar keine Einbahnstraße, am Ende des Geländes am Ufer ist ein Wendehammer, schaffe ich den in einem Rutsch? Tatsächlich, der Ducato packt das mit seinem nicht ganz so kleinen Wendekreis. Jetzt zurück, vorbei an den Parkbuchten und dem Sanitärgebäude, raus auf die Straße.

Jetzt fahren wir mitten durch Vianden, nehmen den Weg mit dem Auto, den wir heute morgen gelaufen sind. Oben am Ende der Altstadt folgen wir der Linkskurve auf den Hügel, die Aussicht auf den Ort ist großartig. Über die Höhe geht es raus aus der Stadt und rein in die Landschaft, die in der Sonne immer noch grün leuchtet.

Durch Fouhren, Tandel nach Bleesbruck, dort entlang der Sauer nach Diekirch. Samstagnachmittag, es herrscht viel Verkehr in der kleinen Stadt. Eine Baustelle mittendrin macht die Situation etwas unübersichtlich. Wir wollen in die Stadt und in einen Supermarkt. Ich habe die Angebotspalette der luxemburgischen Supermärkte noch in guter Erinnerung: Käse, Wein, französische Cremants, Pasteten ... 

Ich lese die Karte auf dem Navi falsch, schon sind wir wieder raus aus Diekirch, vorbei an Lidl und Aldi, wo wir ohnehin nicht hinwollten. Jetzt haben wir einen kleinen Umweg über eine gut ausgebaute gerade Ausfallstraße vor uns, sind aber nach zehn Minuten wieder zurück in der Stadt. Neuer Versuch. Durch die Baustelle müssen wir zurück zum Ortsausgang, dann rechts. Der Supermarkt liegt jetzt rechts im Karree. Abbiegen, Ende. Wir stehen vor einer Parkgarage, die übliche Zweimeter-Höhenbeschränkung. Es ist eng und auch noch Einbahnstraße. Egal, zurück jetzt. 

Wir überqueren die Sauer und suchen einen Parkplatz am Ufer. Der Fluss leuchtet in der Nachmittagssonne, links und rechts verlaufen Rad- und Fußwege, es sieht hübsch aus. Über eine moderne Fußgängerbrücke geht es zurück in die Innenstadt. Wir finden irgendwann auch die Fußgängerzone. Erst mal in den Laden, kaufen Käse, etwas Joghurt, etwas Wein, viel brauchen wir nicht. 

Jetzt mit etwas mehr Muße durch die Stadt gehen. Diekirch ist moderner, nüchterner als Echternach oder Vianden. Alltäglicher. Vor der Eglise Saint Laurent ist ein Ausstellungshinweis aufgestellt: Ons zerschloen Dierfer - Der Wiederaufbau Luxemburgs. Das weckt unsere Neugierde. Wir gehen hinein.

Ons zerschloen Dierfer - unsere zerstörten (zerschlagenen) Dörfer - thematisiert den Wiederaufbau Luxemburgs nach dem zweiten Weltkrieg, genauer gesagt im Zeitraum von 1944 bis 1960. Was hierzulande viel zu wenig bekannt bzw. in Erinnerung ist: In der Endphase des zweiten Weltkriegs rückten die Allierten, die zuvor in der Normandie gelandet waren, von Westen her nach Deutschland vor, das wider jede Vernunft den bereits verlorenen Krieg nicht aufgeben wollte. 

In der Folgezeit verlief die Front entlang der deutsch-luxemburgischen Grenze an den Flüssen Our und Sauer. Es dauerte bis Januar 1945, bis die Allierten von Westen her nach Deutschland einmarschieren konnten. Luxemburg war zwar im im September 1944 befreit worden, aber der Krieg war nicht zu Ende, sondern konzentrierte sich im Gegenteil auf die Region. Luxemburg entwickelte sich dadurch zu einem Kriegsschauplatz. Die Dörfer und Städte mussten geräumt werden, die Bewohner:innen wurden evakuiert. 

Nachdem die Kampfhandlungen schließlich beendet waren und die Nazischergen kapituliert hatten, standen die Luxemburger vor einer gewaltigen Zerstörung ihrer Dörfer und Städte. Nicht nur, dass alles kaputt war, die Menschen waren auch mit Leichen, Tierkadavern, Kriegsgerät, Waffen und scharfer Munition konfrontiert. Die Infrastruktur des Landes war zerstört und dadurch die Versorgerung der Bevölkerung sehr schwierig geworden. Luxemburg und die Luxemburger standen vor der gewaltigen Aufgabe eines kompletten Wiederaufbaus. 

Die Ausstellung thematisiert die Anstrengungen in Luxemburg insgesamt und exemplarisch im besonders betroffenen Diekirch. Mehr als die Hälfte der Landesfläche war von den Kriegshandlungen unmittelbar betroffen, in den Regionen, in denen die Ardennenoffensive ausgetragen worden war, waren die Dörfer und Städte zu hundert Prozent zerstört, was bedeutet, dass jedes Haus hinterher abgerissen oder wiederaufgebaut werden musste. Bis das erfolgte, waren die Gemeinden faktisch unbewohnbar.

Es fällt schwer, nach diesem Blick in die jüngere Geschichte wieder in den Alltag zurückzufinden. Wir gehen zum Auto. Jetzt ist es Zeit, sich den nächsten Übernachtungsplatz zu überlegen. Dazu wollen wir zurück in die Grenzregion an der Sauer fahren. Ich möchte auch noch den Dieseltank auffüllen, da der Kraftstoff in Luxemburg seit jeher deutlich günstiger ist, und Kaffee kaufen, der ebenfalls billiger ist. Die Luxemburger Tankstellen sind für den kleinen Grenzverkehr in Sachen Diesel/Benzin und Kaffee gerüstet.

Wir fahren bis Wallendorf, das schon in Deutschland und am Ufer der Sauer liegt. Auf luxemburgischer Seite ist eine große Tankstelle. Wir füllen den 90 Liter-Tank bis zum Rand voll und kaufen einen größeren Kaffeevorrat.

Im Ort kennt Park4Night ein Hotel mit Wohnmobilstellplatz, doch dafür können wir uns nicht so recht entscheiden. Wir suchen uns einen Weg den Berg hinauf, vorbei an der Jugendherberge und halten an einem Wanderparkplatz. Am Horizont geht gerade die Sonne unter, die Landschaft leuchtet in kräftigem Rot. Wir machen unsere Kaffeepause und legen unser nächstes Ziel fest.

Kurzentschlossen wählen wir Konz an der Mosel zum Ziel. Dort wollen wir zu Abend essen, auf Google Maps haben wir uns den historischen Bahnhof ausgesucht. Danach sehen wir, wo wir über Nacht bleiben.

Im verschwindenden Tageslicht fahren wir quer durchs Bitburger Land. Im Osten geht ein riesengroßer voller Mond über den Hügeln auf. Über die Bundesstraße 51 rollen wir runter ins Moseltal und mitten nach Trier hinein. Es ist früher Samstagabend, die Straßen sind voller Autos, wir wechseln das Moselufer und sind bald in Konz und dort schnell am alten Bahnhof.

Ob wir reserviert hätten, werden wir gefragt. Nein, haben wir nicht, da wir spontan kommen. Sie finden einen schönen freien Tisch für uns, der allerdings nur knapp eineinhalb Stunden bis zur nächsten Reservierung zur Verfügung steht. Kein Problem für uns. Wir sind überrascht, wie viele Männer und Frauen im Service arbeiten. Sie sind ausnahmslos aufmerksam und freundlich, wir müssen zu keiner Zeit warten und fühlen uns von allen Seiten umsorgt. Erstmals seit langem esse ich ein Wiener Kalbsschnitzel mit einem tollen Salat, anstelle des Kartoffelsalates auf der Karte werden mir zwar Pommes Frites gebracht, aber auch die schmecken sehr gut. Ingrid hat sich für die Entenbrust entschieden, die mit Pürree und Rosenkohl serviert wird. Großartig und überhaupt nicht teuer. Wir sind sehr glücklich mit der Wahl dieses Restaurants.

Jetzt fehlt noch der Übernachtungsspot. Wir recherchieren auf Park4Night. Der Parkplatz eines Möbelhauses am Moselufer wird empfohlen, aber auch ein kleiner Wanderparkplatz etwas unterhalb von Konz an der Saar. Das klingt doch viel interessanter. Wir fahren nach Kanzem an der Witlinger Saarschleife. Die Beschreibung ist sehr präzise, so dass wir auch im Dunkeln schnell am Ziel sind: ein ebenerdiger großer Parkplatz unter Bäumen am Rand des Ortes. Weiter entfernt stehen ein paar PKW, hier hinten stehen nur wir. Es ist absolut ruhig und friedlich draußen. Wir ziehen den Sichtschutz vor, jetzt sind wir von außen nicht mehr sichtbar, und machen uns einen gemütlichen Abend, gefolgt von einer sehr ruhigen und erholsamen Nacht.

Am nächsten Morgen begrüßt uns eine bunte Herbstlandschaft, die Saar ist nur wenige Meter entfernt, dahinter liegen Weinberge. Nach dem Frühstück machen wir einen ausgedehnten Spaziergang die Saar entlang bis zur Schleuse, dort, wo Saar und Saarkanal wieder zusammentreffen. Es sind viele Kraniche unterwegs, an der Schleuse sitzen sie auf den Laternen und schauen. Auch Graureiher lassen sich beobachten. Besonders eindrucksvoll sind ihre Schreie, wenn sie, von Fußgängern oder Radfahren aufgestört, davonfliegen.

Wir verlassen den schönen Ort. Bevor es nach Osten zurückgeht, wollen wir die Saarmündung sehen. Wir sind bereits im Juni hier entlang gekommen, über die Bundesstraße von Saarburg nach Wasserliesch, hatten damals aber nicht die Mündung zu Gesicht bekommen. 

In Konz führt eine Brücke auf die andere Seite, unterhalb ist ein Parkplatz, von dem aus wir in wenigen Schritten an der Stelle sind, an der die Saar in die Mosel fließt. Nicht so kitschig-romantisch wie das Deutsche Eck in Koblenz mit seiner fürchterlichen Kaiserstatue und der eindrucksvollen Festung Ehrenbreitstein gegenüber, sondern mehr prosaisch mit modernen Brücken, wo man hinschaut. 

Weiter fahren wir die Mosel entlang, durchqueren Trier und stoppen erneut in Schweich. Diesen Ort kennen wir noch nicht, auf unserer Moselradtour vor einigen Jahren sind wir auf der anderen Moselseite geblieben. Jetzt also rein, soll ja ein Weinort sein. 

Nein, das lohnt nicht. Der Ort ist nicht besonders ansehnlich, modern, zersiedelt, viele neue Einfamilienhäuser, kein recht erkennbarer Ortskern. Interessant bestenfalls, dass die frühere Bundesjustizministerin und derzeitige Abgeordnete im Europäischen Parlament Katarina Barley hier ihr Wahlkreisbüro hat. In einer Bäckerei kaufen wir zwei Pain au Chocolat.

Wir bleiben auf der B 53 am linken Moselufer. In Mehring sehen wir einen Wohnmobilstellplatz. Der ist leer, aber die Ver-und Entsorgungsstation ist zugänglich. Wir wollen Grau- und Schwarzwasser entsorgen, bevor wir zuhause sind, damit wir in Wiesbaden keinen Umweg zum dortigen Stellplatz machen müssen. Also fahre ich auf das offene Gelände. 

Ich bin noch nicht aus dem Auto gestiegen, sehe von innen schon einen großen Hund umherstreifen, da spricht mich schon ein Mann an, was ich denn hier wolle. Entsorgen, sage ich. Das sei nur für seine Kunden möglich, sagt er. Ich schaue ihn mir an. Aggressiver, mürrischer Blick, auf Krawall gebürstet, ich kann es leider nicht anders sagen. Gut, sage ich, dann werden wir wohl in diesem Leben nicht mehr zu Ihren Kunden gehören. Er wünscht mir tatsächlich einen schönen Tag. Den werden wir uns machen, an einem anderen Ort als diesem.

In Ensch hat die Gemeinde neben dem Friedhof, gleich an der Bundesstraße, eine Entsorgungsstation eingerichtet. Vorbildlich. Hier können wir das Wasser ablassen. Ganz einfach, ohne dumme Worte.

Nächster und letzter Stopp ist Neumagen-Dhron. Wie in Wintrich haben auch hier die Römer bereits Wein angebaut. Hier ist das berühmte Weinschiff gefunden worden - genauer gesagt, Fragmente eines römischen Weinschiffs, das als Grabbeilage eines Verstorbenen diente. Der Ort liegt abseits der Durchgangsstraßen, das macht ihn richtig gemütlich. Hier haben wir einmal übernachtet, in einer Pension, mitten in einem kalten Winter. Wir waren die einzigen Gäste und es war fürchterlich kalt, obwohl der Wirt alles dafür tat, um unser Zimmer aufzuheizen. 

Jetzt stehen wir mit dem Camper am Moselufer, nebenan ist ein großer Stellplatz, auf dem ein üppiges weißes Mobil parkt. Wir kochen Kaffee und genießen unser Pain au Chocolat, während wir auf den ruhig dahinfließenden Fluss schauen.

Durch Piesport und die Moselschleife bei Minheim entlang, wieder durch Wintrich, unsere erste Station dieser Reise, Brauneberg und Mühlheim. Hier leitet uns das Navi ab auf eine kleine kurvenreiche Strecke den Hunsrück hinauf, die uns weit oben auf der Ausbaustrecke der Moselüberquerung raus lässt. Und schon hat uns die Hunsrückhöhenstraße wieder. Flughafen Hahn, Simmern, Rheinböllen. Jetzt die Autobahn bis Bingen, weiter bis Mainz und über den Rhein. Wir sind zuhause in Wiesbaden. Was für eine großartige Tour.


Das Video zu unserer Tour ist bereits online unter tinyurl.com/Mosel-Luxemburg



Zur Ausstellung "Ons zerschloen Dierfer" in Diekirch, Luxemburg habe ich auf Youtube den Vortrag von Benoit Niederkorn, Leiter des Musée National d'Histoire Militaire in Diekirch, gefunden:

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