Silvesterreise zum Schwarzwald und in die Schwäbische Alb

Die Zeit des Jahreswechsels nutzen wir für eine einwöchige Tour in den Südwesten der Republik, besuchen bereits bekannte Orte im Schwarzwald und entdecken die Schwäbische Alb neu für uns.

Die Weihnachtsfeiertage liegen hinter uns, das Wohnmobil steht abfahrtbereit vor der Haustür. Vor den Feiertagen war der Camper längere Zeit in der Fiat-Werkstatt, da einige kleine Dinge zu erledigen gewesen waren: der Schalter des Tempomaten saß von Beginn an lose in seinem Lenkradhebel; die Elektronik meldete einen Fehler und deaktivierte die Start-Stopp-Automatik; die Klappe des Fachs unter dem Beifahrersitz hatte ich unsanft behandelt, so dass eine neue her musste - Verschluss und Schaniere sind nämlich aus dünnstem Plastik und nehmen schon durchs Anschauen Schaden. Außerdem haben wir LED-Lampen für Ablend- und Fernlicht einbauen und Winterräder aufziehen lassen.

Der Räderwechsel hat den Werkstattbesuch von der geplanten Eintagesaktion auf mehr als drei Wochen explodieren lassen. Die georderten Alufelgen galten zunächst als verspätet, waren dann aber überhaupt nicht lieferbar, woraufhin wir auf schwarze Stahlfelgen ausweichen wollten (die besser zur roten Außenfarbe passen). Bei der Abholung fand ich dann aber ohne weitere Mitteilung silberne Stahlfelgen vor, was meinen Blutdruck kurzfristig in Alarmzustand brachte. Auch die schwarzen Felgen entpuppten sich als Chimäre, Fiat will mit schwarzen Radkappen die Enttäuschung mildern. 

Das Wohnmobil ist jetzt von innen und außen frisch gesäubert, zum Glück gibt es in Schierstein eine DIY-Waschstation, die hoch genug ist. Das Fahrzeuginnere hatte es besonders nötig, nach etlichen Touren im Herbst waren wir noch nicht zum Saubermachen gekommen. Jetzt glänzt es wieder und riecht auch annehmbar.

Also los jetzt. Über die Autobahn nach Süden. Am Darmstädter Kreuz entscheiden wir uns intuitiv für die A5 statt der parallelen A 67. Noch vor Heidelberg erweist sich das als Fehler, denn die digitalen Schilderbrücken wissen mehr als iGo-Navi und Google-Maps und melden eine Vollsperrung, so dass wir doch auf die A 67 ausweichen. Am Walldorfer Kreuz müssen wir dann zurück auf die A 5 und kommen nicht ganz an einem kleine Stau auf der Abbiegespur vorbei. 

Danach kann dann der Tempomat bis Baden-Baden wieder ungestört die Arbeit übernehmen. Dort wechseln wir auf die B 500, streifen die Außenbezirke der mondänen Kurstadt und schrauben uns auf die Schwarzwaldhöhe. Schließlich heißt die Straße Schwarzwaldhochstraße. Hier oben liegen immerhin noch ein paar Schneereste, im Unterschied zur Rheinebene ist es auch freundlicher, die Dunstglocke hängt unten im Tal fest.

Natürlich sind wir nicht alleine. Am Mummelsee, der schon im März unser erster Stopp war, sind die Parkplätze überfüllt, wir drehen und finden noch eine kleine Lücke am Straßenrand - völlig legal natürlich.  Aber es ist zu voll und Linzer Torte müssen wir heute auch nicht kaufen, denn wir haben noch Rüblitorte von Weihnachten gebunkert. 

Weiter südlich verlassen wir die Schwarzwaldhochstraße und fahren über Peterstal nach Wolfach und weiter ins Enztal. Unterwegs halten wir bei einem Baumarkt. Wir nutzen seit März die erste Sechs-Kilo-Gasflasche, auch wenn wir nur zum Kochen Gas benötigen, unwohl fühlen wir uns schon dabei, nicht feststellen zu können, wie lange der Vorrat noch reicht. Den Platz und das Gewicht für eine zweite Gasflasche wollen wir uns eigentlich ersparen. Das Gasfach im Heck haben wir auch so mit zwei Wasserschläuchen, dem 25 Meter Stromkabel und anderen Utensilien gut gefüllt. 

Wir überlegen, ob wir sicherheitshalber einen kleinen Campinggaskocher mit Kartusche anschaffen. Der ist aber saisonbedingt nicht vorrätig, auch ein noch so grobes Meßgerät für die Gasflasche ist nicht erhältlich. Wir wollen jetzt kein großes Thema daraus machen und fahren erst einmal weiter.

Am nächsten Tag werden wir in Hinterzarten zu einem kleinen familiären Treffen erwartet. Heute wollen wir auf dem Kandel übernachten, dem mit 1.240 Meter höchstem Berg des mittleren Schwarzwaldes. Statt den längeren Weg durch das Glottertal zu nehmen, kürzen wir in Waldkirch ab. Die kleine Straße, die von dort aus hoch auf den Berg führt, ist auf eine Fahrzeugbreite von maximal  zwei Meter dreißig begrenzt. Der Ducato misst ohne Spiegel zwei Meter fünf, inklusive Außenspiegel müssten es mindestens zwei Meter fünfzig sein. Eigentlich sind wir zu breit - aber wir riskieren es. Die Begrenzung gilt ab dem Waldgasthof Altersbach. Das Navi meldet die Beschränkung ebenfalls und fordert uns auf, umgehend das Gebiet zu verlassen. Wir fahren weiter, denn der Umweg wäre jetzt beträchtlich.

Die Straße ist zwar schmal, aber breit genug, es gibt auch viele Ausweichstellen, jedoch ist kein anderes Fahrzeug unterwegs. Sie schlängelt sich den Hang entlang aufwärts, über viele Kurven und einige Serpentinen, bis sie irgendwann oben am Parkplatz Kandel aus dem Wald herauskommt. Von Waldkirch bis hierher waren es 13 Kilometer, durch das Glottertal wären es 30 Kilometer gewesen. 

Der Parkplatz ist leer, zwischenzeitlich ist es dunkel geworden, wir parken in der ersten Reihe und haben einen abendlichen Blick ins Tal und auf die erleuchteten Orte. Hier oben liegt noch Schnee, die Straßen und der Parkplatz sind jedoch frei und trocken. Das Berghotel ist beleuchtet, sieht aber geschlossen aus. Außer zwei PKW uns uns steht kein weiteres Fahrzeug hier oben. 

Der Wind weht kräftig, die dreieinhalb Tonnen Blech werden ordentlich durchgeschüttelt, das geht die ganze Nacht so und lässt an eine Schiffsreise denken. Wir bereiten erst einmal das Abendessen zu. Unterwegs hat Ingrid im Zeitmagazin eine Rezeptidee gefunden: In der Rubrik "Wochenmarkt" schlägt Elisabeth Raether exakt für den heutigen 27. Dezember ein Rezept von Ottolenghi, dem israelischen Starkoch, vor, das mit Spinat arbeitet, den wir als Überbleibsel unserer Weihnachtsküche noch dabei haben. Dazu werden Kicherebsen benötigt, die wir nicht dabei, aber unterwegs schon gekauft haben. Auch wenn Elisabeth Raether feiertagsbedingt auf getrocknete Kicherebsen pocht, müssen wir heute und für uns ausnahmesweise welche aus der Dose nehmen. Ich ändere das Rezept noch ab, indem ich eine Süßkartoffel dazu gebe. Knoblauch, Chiliflocken, Parmesan. Mit wenig Aufwand haben wir damit im Omnia-Backofen ein leckeres Abendessen gezaubert. 

Und jetzt passiert es: nach dem Essen will ich uns einen Tee kochen und setze Wasser auf. Kurz darauf wundere ich mich, dass das Wasser im Kessel nicht kochen will. Die Gasflamme ist erloschen, das Gas ist alle. Wenn das kein Treffer ist.

Die Nacht "auf hoher See" verläuft friedlich. Der Tag beginnt mit dichtem Nebel und null Sicht. Am Morgen gibt es einen Kaffee mit heißem Wasser aus dem Boiler, nicht optimal, aber besser als nix. Dadurch ändern wir unseren Plan und fahren nach der Morgentoilette denselben Weg zurück nach Waldkirch. Denn dort kennt Google Maps einen Raiffeisen-Markt, der Gasflaschen anbietet. Die enge und kurvenreiche Straße fährt sich am Morgen genauso easy wie abends zuvor, den wenigen entgegenkommenden Fahrzeugen, darunter auch ein riesiger Schlepper der Waldarbeiter, lässt sich gut ausweichen. 

Der Markt ist schnell erreicht, die leere Gasflasche gegen eine volle ausgetauscht. Die Raiffeisen-Märkte bieten interessante regionale Produkte an, wir nehmen noch etwas Wein und - jetzt tatsächlich - auch eine Linzer Torte mit. Die sei heute morgen ganz frisch reingekommen, sagt der Mitarbeiter. 

Wir lassen den Camper am Bahnhof stehen und drehen zu Fuß eine Runde durch die Ortsmitte von Waldkirch. An einer Bäckerei gönnen wir uns einen Kaffee, nach dem warmen, unzureichend aufgebrühten, ist jetzt ein richtiger heißer Kaffee fällig. Ja, der tut uns Koffeinjunkies gut. 

Es gibt sogar ein Sportgeschäft. In Slowenien habe ich mich nach elf Jahren von meinen Wanderschuhen verabschiedet, das wäre jetzt eine Gelegenheit, denn möglicher Weise wollen wir in diesen Tagen Strecken laufen, bei denen es besser wäre, knöchelhohe stabile Wanderschuhe zu tragen. Tatsächlich werde ich fündig, und das auch noch zum Schnäppchenpreis. 

Wir wollen weiter und verlassen Waldkirch. Wir nehmen den Weg durch das Glottertal. Kürzlich habe ich gelesen, dass im Ort Glottertal viele Gastronomen und andere tourismusabhängige Unternehmer:innen in Folge der Coronakrise aufgegeben und ihre Häuser geschlossen haben. Beim Durchfahren ist davon natürlich nichts mitzubekommen, ich hoffe für die Betroffenen, dass diese Depression nur von kurzer Dauer ist.

Hinter Glottertal steigt die Straße an und windet sich am Talende hoch auf das Schwarzwaldplateau. Der erste Ort da oben ist Sankt Peter. Hier fahren wir ab, müssen aus Gewichtsgründen allerdings um den Ortskern herum fahren. Wir nehmen den schmalen Weg aus dem Ort heraus und fahren bis zur Wallfahrtskirche Maria Lindenberg, wo wir parken, kurz hinter dem Schild, dass das Übernachten mit dem Wohnmobil verbietet. 

Jetzt wollen wir uns erst einmal die Beine vertreten, nachdem wir den gestrigen Tag weitgehend im Auto verbracht haben. Wir drehen eine Runde übers Feld in Richtung Sankt Peter, oben auf dem Hügel hat man eine prima Rundumsicht ins Rheintal bis zu den Vogesen, auf den Kandel - wäre der nicht hinter dem Nebel versteckt - und nach Sankt Märgen, dem nächsten Städtchen. Sankt Peter und Sankt Märgen sind an ihren charakteristischen Doppelturmkirchen erkennbar, in Sankt Peter schließt sich noch eine gewaltige ehemalige Klosteranlage an. 

Auf dem Muckenhof außerhalb haben wir schon mal ein paar Tage in einer Ferienwohnung verbracht, daher kennen wir auch den Ort ganz gut, haben die für Touristen vorgeschriebene Schwarzwälder Kirchtorte sowie die ein und anderen Käsespätzle gegessen. Wir biegen heute weit vor dem Ort nach rechts ab, der Weg führt vorbei am Eckpeterhof wieder runter in den Wald und schlängelt sich zurück zur Wallfahrtskirche. Zeit für ein spätes Müslifrühstück und einen schnellen, jetzt wieder heißen Kaffee, dann geht es weiter.

Sankt Märgen durchfahren wir ohne Stopp, auch hier haben wir schon mal ein paar Tage verbracht, die Erinnerung daran begleitet uns. Hinterzarten kommt näher, da wir noch Zeit haben bis zu unserer Verabredung, fahren wir zunächst an den Titisee. Von unserem letzten Besuch wissen wir nur, dass wir ausschließlich auf dem großen Parkplatz hinter dem Bahnhof parken können. Der verfügt auch über einen Wohnmobilstellplatz und eine Ver- und Entsorgungsstation. Die nutzen wir gleich einmal, um Grau- und Schwarzwasser zu entsorgen.

Jetzt fängt es ordentlich an zu regnen, dazu windet es kräftig. Trotzdem riskieren wir einen Gang in den Ort, obwohl der, bis auf den Blick zum See, eigentlich nichts hergibt. Titisee ist einer jener Hotspots, die wichtig sind, weil sie Platz für viele Menschen schaffen, die dann nicht anderswo, nämlich an schöneren Orten, sein müssen, die dadurch entlastet werden. 

Wir rennen also im starken Regen durch den Ort, vorbei an den Souvenir- und Imbißläden, schauen uns Kuckucksuhren in allen Größen, eingeschweißten schwarzwälder Schinken und eingeschweißten Käse an, riechen Käsespätzle und gebratene Wurst und Pommes, werfen einen Blick auf den See und gehen zurück zum Auto. Jetzt ist es Zeit für das Familientreffen in Hinterzarten, wo zunächst einmal die in Waldkirch erworbene Linzer Torte zum Einsatz kommt.

Später stellen wir das Wohnmobil am offenbar einzig legalen Parkplatz, dem Stellplatz weit hinter dem Bahnhof ab. Im Dunkeln ist der auch mit Navi nur schwer zu finden, aber dann haben wir auch das geschafft. Den Abend verbringen wir dann in einem Hotelrestaurant bei lokaler, aber durchaus ambitionierter Küche, und anschließend mit einem Glas Wein in  der privaten Umgebung einer Ferienwohnung, bevor wir uns zum Schlafen ins Wohnmobil zurückziehen. Am nächsten Tag wird die Reise weiter gehen, in die uns weitgehend unbekannte Schwäbische Alb. Neue Abenteuer warten auf uns.


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