Braubach und Urmitz: ein fast geplatztes Wochenende

Vor der nächsten größeren Reise, die im Mai ansteht, wollen wir den frisch optimierten Camper testen und fahren dazu nach Braubach an den Rhein. Kein Problem, oder? Doch - der Camper besteht den Test nicht und macht uns einen gewaltigen Strich durch das Wochenende. Müssen wir abbrechen und zurück nach Hause fahren?

Wie immer haben wir unser Abenteuer auch auf Video festgehalten. Teil 1 - Braubach und Teil 2 - Urmitz am Ende dieses Beitrages oder direkt auf Youtube.

Nach einem Jahr war der Camper jetzt beim Händler, um einige wenige Kleinigkeiten anzuschauen und zu korrigieren, die garantierelevant sind, aber auch, um ein paar Erweiterungen durchzuführen, die das autarke Stehen abseits der Camping- und Stellplatzinfrastruktur verbessern sollen. 

Darunter fallen die Erweiterung um eine zweite Lithium-Aufbaubatterie. Das Thema sollte noch für Überraschungen sorgen. Der Dexter kam mit einer 100 W-Solarzelle auf dem Dach daher, jetzt ließen wir auch prüfen, ob diese erweitert werden kann. Wie jedoch fast zu erwarten war, ist eine Erweiterung auf Basis der bestehenden Solarzelle nicht optimal, besser wäre es, ein komplett neues und leistungsstärkeres System zu installieren. Das nehmen wir uns jetzt für den Herbst vor.

Die dritte Änderung betrifft das WC. So schön es ist, ein Wohnmobil mit vollständig ausgestattetem Bad nutzen zu können, die Standardtoilette mit ihrer kleinen Kassette, die eine Leerung spätestens alle drei Tage notwendig macht, die Abhängigkeit von wenigen Entsorgungsstationen, der Wasser- und Chemieverbrauch - nicht nur, dass die Pflege des Systems alles andere als angenehm und unökologisch ist, die Technik macht uns sehr unflexibel. 

Wir haben uns für das System von BioToi entschieden. Das besticht unseres Erachtens durch das große Fassungsvermögen sowohl des Feststoffbehälters als auch des Urintanks und ist mit einem manuellen Rührwerk sowie einem Lüfter ausgestattet. Die Kompostierung wird mittels eines Kokosziegels unterstützt.  Vorstellungen und Tests vieler Youtuber haben bei der Recherche sehr geholfen, letztlich waren es die Beispiele von Travelcampinglivung und Nacht-Lichter auf Youtube, die den Ausschlag gaben.

Und auch, dass unser Wohnmobilhändler selbst dieses Modell präferiert und den Einbau anbietet. Denn - ehrlich gesagt - ist meine handwerkliche Erfahrung mehr als begrenzt. Dazu kommt, dass der Karmann Dexter ein sehr ausgetüfteltes raumsparendes Bad hat, in der das WC auf einem schwenkbaren Sockel sitzt. Die Trockentrenntoilette hier zu installieren, ist nicht einfach. Aber der Fachmann des Händlers hat es hinbekommen. Es sieht gut aus. Wir sind gespannt, wie sich die Toilette in der Praxis bewähren wird.

Jetzt also der Trip ins Wochenende. Nicht nur wegen der Dieselpreise wollen wir nicht weit fahren. Wir leben ja nun in einer der schönsten Gegenden Deutschlands, dem Rheingau, haben den Taunus, Rheinhessen und den Odenwald ums Eck, außerdem nicht weit zum Mittelrheintal, zu Hunsrück, Eifel und Westerwald. 

Heute geht es einmal mehr ins Mittelrheintal, nämlich nach Braubach. Das liegt am nördlichen Ende des Tals, kurz vor Lahnstein bzw. Koblenz. In Lahnstein mündet die Lahn in den Rhein und trennt die Mittelgebirge Taunus und Westerwald voneinander. Bei Braubach kleben die Taunushänge letztmalig dicht am Rheintal. Hier steht, erhaben und von weitem zu sehen, die Marksburg. 

Während die anderen Burgen am Mittelrhein, von denen es bekanntlich sehr viele gibt, im Laufe der Zeit und besonders durch die Truppen Napoleons Anfang des 19. Jahrhunderts zerstört wurden - viele wurden danach durch Initiative Einzelner wiedererrichtet -, ist die Marksburg die einzige Höhenburg am Rhein, die niemals zerstört worden ist. Das hat sie mit der Burg Eltz gemeinsam, die, tief in einem Seitental der Mosel versteckt, die Zeitläufte überstand und heute noch im Besitz der namensgleichen Adelsfamilie ist.

Die Marksburg geht auf das 12. Jahrhundert zurück und ist im Laufe ihrer Geschichte umgebaut und vergrößert worden. Natürlich haben auch die Eigentümer gewechselt - vom Adelshaus Eppstein zu Katzenelnbogen und weiter zum Haus Hessen, schließlich Nassau. Seit 1900 wird sie von der Deutschen Burgenvereinigung verwaltet, die im Haus auch ihren Sitz hat.

Die Burgen wurden gerne strategisch günstig an Einmündungen von Seitentälern, auch kleineren, errichtet. Hier fließt ein kleines, Mühlenbach genanntes Gewässer in den Rhein. Einer seiner Quellbäche stößt am hinteren Ende von Braubach dazu, er kommt aus einem Tal aus südlicher Richtung, durch das die Querverbindung zur Bäderstraße und damit die Verkehrsachse nach Wiesbaden verläuft. 

Geradeaus landet man auf einer kleineren Taunusanhöhe, die gleich wieder ins Lahntal bei Bad Ems abfällt. Diese Ecke des Taunus ist sehr ruhig, man könnte fast sagen, unberührt. Es lohnt sich, sie zu durchstreifen.

Wir kommen quer über den Taunus und somit durch das Seitental nach Braubach herein, den Burgberg zu unserer Linken. Hier auf der Rückseite befindet sich auch ein sehr großer Parkplatz für die Besucher der Burg, denn weiter oben wird es eng und teuer.

Wie die meisten Orte am Mittelrhein liegt auch Braubach eng und gequetscht im Seitental versteckt, nur ein paar Häuserzeilen links und rechts des Baches, es bleibt kaum Platz für die Straße. Na gut, es geht noch deutlich enger als hier in Braubach. Immerhin kommen wir auch am Obertor, dem Turm der alten Stadtmauer, vorbei, ohne hängen zu bleiben. 

Zum Rhein hin wird das Tal und mit ihm der Ort großzügiger, eine kleine S-Kurve, und wir stehen an der Einmündung zur B 42. Der Stellplatz liegt am südlichen Ortsausgang, also nach links. Gleich rechts bietet ein Hotel drei Wohnmobilplätze an, danach kommt ein größerer Parkplatz, auf dem auch regelmäßig Camper stehen. Die Einfahrt zum offiziellen Stellplatz ist noch ein paar Meter weiter. 

Wir haben Freitagnachmittag, wir sind extra früh angereist, um noch einen guten Platz zu erhalten. Denkste: der große Stellplatz ist voll!  Keine Lücke mehr in der ersten Reihe am Ufer, Wohnmobil an Wohnmobil. Kein Platz mehr in der dritten Reihe zur Straße hin. Aber dazwischen sind noch freie Plätze. Wenn auch nicht so schöne, sind sie doch eben und bieten ausreichend Platz, um auch neben dem Wohnmobil sitzen und gegebenenfalls die Markise aufspannen zu können,

Neben dem großen geteerten Platz beginnt eine sehr große Wiesenfläche, hier standen in der Vergangenheit ebenfalls Fahrzeuge. Jetzt ist sie leer. Ein Schild an der Einfahrt besagt, dass die Wiese nicht mehr zum Stellplatz gehört und nur dann genutzt werden darf, wenn der Stellplatz überfüllt ist. Das heißt, wer zu spät kommt, erhält den besten Platz.

Wir nehmen also die mittlere Reihe, rechts von uns sind noch drei Plätze unbesetzt. Erst einmal der Gang zum Automaten. Die Übernachtung kostet seit 1. April diesen Jahres 14 Euro für ein Wohnmobil samt Insassen. Es ist etwas teurer geworden, aber immer noch sehr fair. Es gibt sogar ein Sanitärgebäude mit WC und einer Dusche. Mittels einer auf dem Quittungsbeleg aufgeführten PIN ist gewährleistet, dass der Zugang auf Gäste des Platzes beschränkt ist.

Wir fahren die Markise aus, denn die ist seit der Slowenienreise im Oktober nicht mehr benutzt worden, und so schauen wir heute nach, ob sie in in Ordnung ist. Tisch und Stühle darunter, dann erst einmal Kaffee und ein Stück Kuchen dazu.

Zwischenzeitlich kommen weitere Wohnmobile angefahren und besetzen die noch freien Plätze. Wir waren also keinesfalls zu früh hier. Dabei ist ein Paar aus Mainz aus unserer Alterskohorte, mit dem wir gemeinsam ein wenig unseren Frust über die besten Spitzenlagen durch Rentnerbashing zu mindern versuchen. 

Jetzt wollen wir aber erst einmal losziehen. Wir kennen Braubach von einer Reihe von Besuchen, zuletzt hatten wir an Ostern hier für ein Mittagessen angehalten. Über die Bundesstraße und unter dem Bahndamm hindurch, schon sind wir mitten in der Altstadt, genauer gesagt im Renaissancegarten von Schloss Philippsburg. 

Schloss Philippsburg ist der jüngere Ableger der Marksburg. Es wurde hier unten am Fluss errichtet, als ein wachsendes Repräsentations- und Komfortbedürfnis mit einer verbesserten Sicherheitslage einhergingen, sprich: als die lokalen Fürsten sich nicht mehr auf Hügel und hinter dicke Mauern zurückziehen mussten. Benannt ist die Anlage nach ihrem Bauherrn, Landgraf Philipp von Hessen-Rheinfels, dem auch die riesige Burg Rheinfels oberhalb von Sankt Goar gehörte, auf der er lebte und die er ausbauen ließ. 

Der Sohn Philipps des Großmütigen, Landgraf von Hessen, wurde im Kindesalter als Geisel zur Sicherstellung einer Vertragseinhaltung am Hof des Königs von Frankfreich festgehalten. Er, der er nur 42 Jahre alt werden sollte, ließ die Philippsburg als Witwenwohnsitz für seine Frau, Anna Elisabeth von der Pfalz, bauen.

Auch deren Lebensgeschichte ist schillernd. Sie soll ihren Mann gut im Griff gehabt und ihn zu einem auslandenden Lebensstil gedrängt haben, der ihr gegenüber zu Anfeindungen, bis hin zu einem Angriff auf offener Straße, geführt haben soll. Da sie ein zweites Mal heiratete, blieb die Philippsburg nur befristet ihr Wohnsitz.

Ds Schloss stand lange leer und verfiel, wurde auch durch den Eisenbahnbau beeinträchtigt. Im 19. Jahrhundert wurde daraus ein Hotel und heute gehört es der Deutschen Burgenvereinigung. In dem Restaurant im Hof des Schlosses wollten wir am Samstagabend essen, doch dazu sollte es nicht kommen.

Durch das Schlossgelände führt ein Weg, auf dem man Braubach nach Süden verlassen kann. Er führt ein paar Meter hinter dem Schloss unter der Bahnlinie hindurch und auf dem Gehweg der Bundesstraße weiter, denn der Hang wird hier sehr eng und steil. Aber ein paaar hundert Meter weiter kann man erneut die Bahn unterqueren und über einen hübschen Pfad die Marksburg von hinten ersteigen.

Wir gehen in die entgegengesetzte Richtung, nämlich durch das nördliche Tor in die Stadt hinein. Auf dem keilförmigen Marktplatz stehen die Tische des Restaurants Zum Goldenen Schlüssel. Gegenüber die Marktstuben sind zur Zeit geschlossen. Die Küche im Schlüssel ist einfach: Schnitzel, Hackbraten, Pommes Frites, Salat. Dafür sitzt man sehr schön auf dem Platz. Die benachbarten Häuser dienen als Gästequartiere.

Die Obermarktstraße öffnet sich immer wieder in kleine Gässchen, dort sieht man, wie nahe der Felsen über dem Ort hängt. An den Fassaden der Fachwerkhäuser sind häufig Sinnsprüche angebracht, die offenbar aus der Entstehungszeit, meist im 17. Jahrhundert, stammen. Zwischen den Fachwerkhäusern stehen auch große alte Steinhäuser. Da wir uns hier in einer lebendigen Stadt und nicht in einem Freilichtmuseum befinden, parken auch dort, wo es nicht allzu eng ist, Autos auf der Straße und in den Höfen. 

Das Haus mit der Bauernschänke sieht von außen ganz dunkel und verwittert aus, an der Seite wirkt es sehr groß und gestreckt, vorne, also in östlicher Richtung, wird es ganz schmal, da es in einem spitzen Winkel zwischen zwei Gassen sitzt. Als nächstes eine Pension namens Komfortable Absteige, die von draußen sehr geräumig und gemütlich aussieht. Und schon sind wir raus aus den Altstadtgäßchen und auf der Durchgangsstraße, auf der wir nach Braubach hineingekommen sind.

Ein meterhoher Absatz trennt die Ober- von der Unteralleestraße, dazwischen fließt, unterirdisch, der Mühlbach. Gegenüber ein Café, dann eine Metzgerei, zum Bahnhof biegt es hier ab. Ein kleiner Gemüsehändler, ein Imbiss, das war es auf der linken Seite. 

Wir biegen gleich in die Nonnengasse hinein, denn hier ist die Burg ausgeschildert. Am Ende der Gasse führt eine Treppe nach oben, kreuzt den Hahnweg, dann startet ein Pfad aus dem Ort in den Hang hinein. Sofort sind wir mitten im Wald. Nach einigen Minuten strammen Gehens und ein wenig Zickzack endet der Weg auf der Teerstraße zur Burg, wir stoßen auf einen großen Parkplatz, dahinter geht es über eine steile Treppe weiter nach oben. 

An deren Ende übernimmt wieder die Teerstraße, jetzt von rechts kommend, weil sie sich vorher den Hang hochwinden musste. Gegenüber die Außenmauern der Burg, an der geht es links vorbei, bis wir ans Portal kommen. Das äußere Tor ist offen, wir gehen durch einen Tunnel und gelangen in den äußeren Burghof. 

Es öffnet sich die Aussicht auf das Rheintal, das blaue Wasser und das Grün an beiden Ufern und die Abhänge hinauf. Flussabwärts liegt Lahnstein, Koblenz ist durch die leichte Biegung nicht zu sehen.

Oben auf dem Durchgang, durch den wir gekommen sind, befindet sich die Burgschänke. Schauen wir mal, was es gibt. Leider sind wir genau zu der Zeit gekommen, zu der das Lokal schließt. Schade. Wäre schön gewesen, hier ein Glas Wein in der Sonne zu trinken.

Die Burg selbst ist ebenfalls schon geschlossen, sie kann auch nur mit einer Führung besichtigt werden. Der Eintritt kostet 11 Euro. Wir gehen wieder runter ins Tal, dieses Mal biegen wir im Hang ab und gelangen weiter drin im Tal auf die große Straße.  In der Pension Felsenkeller haben wir vor einigen Jahren einmal ein übernachtet. Dann kommen auf der ruhigeren Straßenseite noch zwei Hotels. An der Brunnenstraße kommt der Mühlbach entlang geflossen. 

Wir passieren das Obertor und haben den Kreis geschlossen. Jetzt wollen wir noch ein wenig für das Abendessen einkaufen und dann am Auto in der Sonne essen. Es ist aber gar nicht einfach, einen Laden zu finden. Der nächste Rewe ist noch einen Kilometer entfernt. Wir nehmen den abbiegenden Weg Richtung Bahnhof, da taucht auch schon ein äußerst hässliches Gewerbegebäude auf, mit einem Discounter darinnen. Da kaufen wir noch einige wenige Sachen. 

Wir nehmen den direkten Weg zum Rheinufer. Die Uferanlage in Braubach ist recht groß und großzügig. Wir kommen bei einem Lokal heraus, dem Weingarten. Leider sind die Preise für den Ausschankwein, der auch noch in Selbstbedienung an der Theke geholt werden darf, zu hoch, außerdem schreckt die laute Schlagermusik ab. 

Wein haben wir selbst dabei, also zurück zum Stellplatz. Dort erwarten uns zwei Überraschungen: die Markise unseres Campers ist eingefahren. Da kommt ein englischsprechender älterer Mann aus einem schwedischen Wohnmobil und erklärt, er hätte die Markise aufgerollt, da eine sehr starke Windböe diese aufs Autodach geweht habe. Hoffentlich sei sie nicht beschädigt worden. Wir bedanken uns herzlich.

Dann sehen wir, dass ein paar der Fahrzeuge, die in unserer Reihe standen, weg sind. Sie stehen auf der großen Wiese am Flussufer. Das schauen wir uns an. Und tatsächlich ist das Schild, das die Wiesenfläche gesperrt hatte, weg. Es sind auch noch Plätze am Wasser frei. Also parken wir auch um. Ich fahre schnell das Auto dorthin, bevor die nächsten Camper kommen, und trage Tisch und Stühle hinterher.

Das ist doch gleich etwas ganz anderes: dicht am Ufer, die Sonne steht tief, vor uns die Rheinschiffe, im Hintergrund die Hunsrückhöhe. Jetzt erst einmal das Essen zu bereiten, das geht ganz schnell: Champignon-Trüffel-Tortellini mit einer pikanten Tomatensoße, dazu ein grüner Salat. Und dazu Roséwein und Mineralwasser. Zum ersten Mal in diesem Jahr können wir draußen essen. Toll!.

Später findet noch ein weiteres Mobil in unsere Ecke. Leider parkt der Fahrer dieses Teilintegrierten sehr weit vorne und nimmt uns die gerade noch scheinende Sonne. Als es ihm auffällt, ist es ohnehin zu spät, sie ist hinter dem Hunsrück verschwunden.

Wir sitzen noch lange draußen und verschwinden erst nach drinnen, als es kalt wird. Und finster. Viel später, wir wollen gerade zu Bett gehen, bemerken wir, dass das Duschbecken voll Wasser läuft. Das kommt nicht etwa aus der Duscharmatur, es kommt aus der Trennwand zum Entsorgungsfach. Mit der Lampe des Smartphones schauen wir uns die Sache von außen an, denn das Fach ist nicht beleuchtet.

Was sehen wir? Das ursprünglich verbaute Standard-WC wurde entfernt und die Wasserleitung, die zur Spülung in das WC hinein führte, gekappt. Um einen Rückbau gegebenenfalls zu ermöglichen, hat der Mitarbeiter des Händlers die Leitung belassen und mit einem Stopfen versehen. Aus diesem Stopfen läuft das Wasser heraus. 

Als der Wagen beim Händler stand, war noch wasser im Tank gewesen, aber ich vermute, dass die Wasserpumpe nicht aktiviert worden war. Heute auf dem Platz hatte ich Wasser nachgefüllt und festgestellt, dass die Leitung voller Luft war. Also haben wir die Leitungen entlüftet, um den Warmwasserboiler nicht zu beschädigen. Dabei hat der Druck auf den Stopfen zugenommen, bis er leckte. 

Was jetzt? Das Wasser läuft raus. An eine weitere Wassserentnahme ist nicht mehr zu denken. Was tun? Nach Hause fahren und am Montag gleich zum Händler? Zum Glück gibt es am Platz Dusche und WC, so dass wir den morgigen Tag vernünftig beginnen können. Also erst einmal schlafen - überschlafen und nachdenken.

Morgens gehen wir also am Platz duschen, das ist vollkommen in Ordnung, auch die Toiletten sind sehr sauber. In der Nacht habe ich überlegt, dass wir zumindest versuchen können, ob wir hier in der Nähe eine Werkstatt oder einen Wohnmobilhändler finden, der uns am Samstag helfen kann. Vermutlich ist der Schaden leicht zu beheben, es muss ja "nur" das Leck gestopft werden. 

Auf Google Maps finde ich den nächsten Wohnmobilhändler in Mülheim-Kärlich, das liegt nördlich von Koblenz zwischen der A 48 und der B 9. Also hin. Er macht erst um 10 Uhr auf, wir haben also Zeit.

Wir durchqueren Koblenz, fahren über die Mosel und raus aus der Stadt in das riesige Gewerbegebiet. Rechter Hand sehebn wir eine Fiat-Nutzfahrzeug-Werkstatt, die auf ihrer Beschriftung Wohnmobile aufgeführt hat. Wir biegen runter von der Bundesstraße und suchen in den Straßen des Gewerbegebietes die Zufahrt zu Fiat. Sie ist schnell gefunden, wir rein. Leider führen sie keine Reparaturen an den Aufbauten durch, schade.

Also weiter. Schnell sind wir in Mülheim-Kärlich, finden hier mit Hilfe des Navis ebenfalls schnell unser Ziel. Es ist erst halb zehn, aber es ist schon geöffnet. Sofort kommt jemand an die Tür, wir schildern unser Problem. Der Mann sagt: Mhm, eigentlich ist die Werkstatt samstags geschlossen, aber ein Kollege ist heute da und erledigt einige private Dinge. Den rufe ich mal.

Der Kollege kommt, ich schildere das Problem, er schaut sich die Sache in der Klappe an und sagt: das haben wir schnell erledigt. Er holt das passende Werkzeug, kappt die tote Leitung, entfernt das T-Stück, das zu dem nicht mehr benötigten Ast führt und setzt statt dessen an den vorhandenen Verbindungsstücken die durchgängige Leitung ein. Das war es. Hier wird nichts mehr tropfen. 

Wir sind erleichtert und überglücklich. Nach einem Obolus für die Kaffeekasse und vielen Dankeschöns ziehen wir wieder von dannen. Was jetzt?

Nach Braubach wollen wir nicht mehr zurück. Fahren wir doch erst einmal auf dem kürzesten Weg an den Rhein, für eine Tasse Kaffee in Ruhe und ein kleines Frühstück, vielleicht finden wir auch einen Bäcker. Wir landen erst einmal in Kalteneggers, finden aber hier keine Bäckerei und fahren weiter nach Urmitz, dem Nachbarort. Hier ist sogar ein Wohnmobilstellplatz, gleich am Rheinufer. Der sieht gut aus.

Zunächst fahren wir aber in die Ortsmitte, hier soll laut Google Maps ein Bäcker sein. Das trifft zu, er ist, wie heutzutage üblich, im Gebäude des Supermarktes, hier ein Nahkauf. Wir nutzen die Gelegenheit und kaufen noch ein Fläschchen Wein dazu, dann Croissants und Schokobrötchen und ab auf den Stellplatz. 

Der ist ebenfalls gut gefüllt, aber in der ersten Reihe zum Ufer hin, hier aber durch eine Grünanlage und einen Abhang vom Fluss entfernt, ist noch Platz. Unschön ist, dass dort auch ein Riesentrumm von Wohnmobil herumsteht, immerhin in der Ecke. Egal, unser Blick ist unverbaubar. Also raus, Kaffee trinken, Croissant essen, es gut gehen lassen. Das Wochenende hat uns zurück. 

Es herrscht eine entspannte Stimmung auf dem Platz. Die Wohnmobilisten sind miteinander ins Gespräch verteift, einige haben Tisch und Stühle vor dem Fahrzeug aufgebaut. Jetzt kommt sogar ein Eiswagen vorbei, wir gönnen uns eine Waffel mit dem kalten Zeug. 

Dann packt uns die Entdeckerlust. Den Rheinabschnitt kennen wir bereits von unserer Radtour die Rheinetappe Koblenz-Köln entlang, die wir vor acht Jahren unternommen haben. Auch über diese große Eisenbahnbrücke weiter unten sind wir schon drüber geradelt. Der Uferweg ist hier gut ausgebaut, nur weiter nördlich, bei Mühlheim-Kärlich, mussten wir seinerzeit das Atomkraftwerk im Landesinneren großräumig umfahren.

Der frühere Treidelpfad dient als Rad- und Fußweg, über einen längeren Abschnitt liegt daneben eine schöne Wiese, die auch gut von Entspannung suchenden Menschen genutzt wird. Wir gehen unter der Brücke hindurch und müssen anschließend ein gutes Stück den aufgeschütteten Damm entlang gehen, bevor wir auf den Rad- und Fußweg über die Brücke gelangen. Hier ist auch ein kleiner Bahnhof, besser gesagt ein Haltepunkt. Somit hat Urmitz zwei Bahnhöfe, den regulären westlich des Ortes und diesen hier. 

Der Zugverkehr scheint ganz ordentlich zu funktionieren, ständig kommen Nahverkehrszüge vorbei, auch die Via, die von Neuwied über Koblenz und die rechte Rheinuferstrecke nach Rüdesheim und Wiesbaden und weiter bis Frankfurt am Main verkehrt. Noch mehr als Personenzüge rumpeln jedoch die Güterzüge über die Brücke. 

Das ist ein interessantes Bild: hier oben quer über den Rhein in beide Richtungen Züge mit zahllosen Güterwaggons, unten längs auf dem Rhein in beide Richtung Frachtschiff an Frachtschiff. An der Südseite befindet sich ein schmaler Steg, auf dem Fußgänger und Radfahrer den Rhein queren. Der Pfad wird mitten durch die großen Pfeiler an den Ufern geführt, man geht durch eine Art Zimmer hindurch.

Die Brücke wurde ursprünglich noch in der Kaiserzeit eröffnet. Wie so viele Brücken wurde auch diese am Ende des zweiten Weltkrieges zerstört, um die Truppen der allierten Befreier zu behindern. Besonders widerlich: hier in Urmitz sprengten die Pioniere der Wehrmacht die Brücke, während andere Soldaten sie gerade überquerten. Daran erinnert ein kleines Mahnmal am Urmitzer Ufer.

Wir laufen zum gegenüberliegenden Ufer und haben kindischen Spaß an dem Lärm und den Vibrationen der Güterzüge. Der Abgang runter ans Ufer scheint noch weit entfernt zu sein, so dass wir umdrehen. Der nächste Ort hier auf der rechten Seite ist Engers, auch der ist zu wenig interessant, um da jetzt hinzulaufen. 

Also zurück. Gehen wir doch am linken Rheinufer flussabwärts weiter. Urmitz reicht bis an den Fluss.  Die Kirche steht fast ganz vorne, aber direkt an der Mauer steht eine Madonna, die Rheinmadonna, die Stiftung einer Urmitzerin, die schwer erkrankt war und gelobte, im Falle ihrer Genesung diese Madonna zu stiften. Zu Anfang, in den 1960er Jahren, hätten die Schiffer davon gewusst und die Hörner ihrer Schiffe zum Gruß tuten lassen, heißt es auf der Website der Gemeinde.

Urmitz hatte gerade Kirmes. Im Ort sind bunte Wipfel geschmückt. Ansonsten wirkt er wie ausgestorben. Nur vereinzelt ein Auto, kaum ein Mensch zu sehen. Dafür können wir ein paar Studien zur Nachkriegs-Do-It-Yourself-Architektur machen. Es ist nicht uninteressant.

Zurück beim Camper kramen wir gerade ein paar Kuchenreste hervor, als eine Frau über den Platz geht, die zwei riesige Kuchenplatten trägt. Wir hören schon, wie sie den Kuchen anbietet. Er ist für eine Veranstaltung in der Halle nebenan gebacken worden und jetzt übrig geblieben. Die Freude auf dem Platz ist groß, auch bei uns. Ist das hier etwa das Schlaraffenland?

Nein, ist es nicht, wie wir später feststellen. Wir wollten ja eigentlich in Braubach in der Philippsburg essen, jetzt suchen wir in Urmitz ein Lokal. Aber: es gibt keines. Das in der Ortsmitte gelegene ist geschlossen, für immer, wie es aussieht. Eine Folge der Pandemie?

Google muss schon wieder einspringen. Im Gewerbegebiet soll eine Pizzeria sein. Google weiß, dass die am besten bewertet ist. Wir gehen zu Fuss hin, es ist nicht weit, aber der Weg durch das Gewerbegebiet ist hässlich. 

Obwohl es erst 18 Uhr ist, ist der Garten des Lokals schon gut gefüllt. Eine Bedienung, offenbar die Besitzerin, weist uns einen Tisch zu. So weit, so gut. Es kommen noch andere nach uns, eine Gruppe von sechs jungen Leuten. Die haben sofort Getränke auf dem Tisch stehen, während wir noch auf die Karte warten.

Dann haben wir die Karte und schnell bestellt: Pizza für Ingrid, Salat für mich. Ein Mann bringt das Essen, offenbar der Koch persönlich. Die Pizza ist unterdurchschnittlich. Der Boden ist hart, der Belag matschig. Der Salat ist in Ordnung, einzig die dickflüssige Soße, breiig darüber gekippt, sieht nach Fertigsoße aus. 

Wegen der fehlenden Getränke fragt Ingrid die ständig vorbeilaufende Frau. Sie reagiert schnippisch. Die jüngere Bedienung ist freundlicher, aber auch nicht aufmerksamer. Dem Augenschein nach sitzen noch andere vom Wohnmobilstellplatz hier herum. Wo sollen sie auch sonst hingehen?

Das Bezahlen gestaltet sich ebenfalls schwierig. Die junge Frau nimmt zwar den Auftrag entgegen, scheint ihn aber sofort wieder zu vergessen. Als es uns mit vereinten Kräften dann irgendwann gelingt, die Aufmerksamkeit der Chefin in unserer Richtung zu lenken, fragt sie doch glatt: noch was bestellen oder zahlen? Damit hat sie leider bis auf den letzten Cent das Trinkgeld verspielt. Sie scheint aber auch nicht damit zu rechnen. Merkwürdiger Laden. 

Aber kein Grund für uns, unsere Laune vermiesen zu lassen. Wir schnappen uns später eine Flasche Wein und zwei Gläser und setzen uns runter in die Grünanlage an einen Tisch, trinken genüsslich den Wein und schauen auf den Fluss und die vorbeifahrenden Schiffe, so lange, bis die Sonne schließlich rot wurde und dann blass und als sie verschwand das Licht mitnahm. 

Der Sonntagmorgen beginnt so schön, wie der Samstag geendet hat. Ingrid schlägt vor, dass wir eine Runde am Rhein joggen. Wir haben das Nötige dabei. Los geht es. So schön es ist, in Wiesbaden durch den Kurpark zu laufen, das hier ist heute eine ganz andere Nummer. Die Sonne steht noch tief, die Ufer sind grün, der Fluss leuchtet weiß. Wenige Fahrradfahrer, andere Jogger:innen, Hunder werden Gassi geführt. Allen steht die Freude ins Gesicht geschrieben.

Zurück im Auto, duschen, Kaffee trinken, aufräumen. Die Nachbarn lassen sich blicken, andere sitzen schon draußen. Wir brechen auf. lassen noch das Grauwassser ab. WC-Leerung ist ja nicht mehr notwendig. Los geht es.

Heute ist Muttertag. Wir fahren zu meiner Mutter in den Westerwald. Auf dem Weg dorthin machen wir einen kleinen Umweg über Bendorf-Sayn und laufen kurz durch den Schlosspark der Sayn-Wittgensteins. Den Schmetterlingsgarten lassen wir aus Zeitgründen aus, der kostet auch Eintritt. Das muss sich lohnen. Weiter geht es durch das schöne Sayntal hoch auf den Westerwald. Der Camperausflug ist beendet, es sah einige Zeit lang so aus, als müssten wir ihn abbrechen, aber wir haben mit Hilfe netter Menschen die Kurve gekriegt.


Die Videos zum Beitrag: 1. Der Tag in Braubach - auf Youtube unter tinyurl.com/CK14-Braubach


2. Der Tag in Urmitz - auf Youtube unter tinyurl.com/CK15-Urmitz


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