Tour de Bavaria (Teil 3): Von Wasserburg über die Oberbayerischen Seen nach München

Uns erwartet ein friedvoller Sonntagmorgen am naturierten Innufer, wo wir ein bisschen in die Natur, ein bisschen in die Geschichte eintauchen und uns ein bisschen bewegen. Nach einem Abstecher nach Moosach fahren wir zum Tegernsee, übernachten dort am Oedberg und schauen uns am nächsten Tag diesen und die beiden benachbarten Bergseen an. Dann wird es Zeit für München.

Die Videos zu dieser Episode sind wie gewohnt auf Youtube und am Ende des Beitrags zu finden: Tour de Bavaria (Teil 3): CK12-Elend und Tour de Bavaria (Teil 4): CK13-Oberbayern 

Die Nacht auf dem Parkplatz in Wasserburg verlief sehr angenehm. Es ist Sonntagmorgen. Für ein ausgiebiges Frühstück wollen wir einen schönen Ausblick haben. Schließlich sind wir mit dem Wohnmobil unterwegs. Nach kurzer Konsultation von Google Maps fahren wir aus der Stadt raus und ein paar Kilometer innaufwärts bis zu einem kleinen Ort namens Attel. Vorbei an einem offenbar gut bekannten und gerne aufgesuchten Fischrestaurant folgen wir einem schmalen Sträßchen zum Flussufer. Vereinzelt stehen Häuser, sie bilden einen Weiler mit dem Namen Elend - eine Bezeichnung, die ihren Ursprung in einer Sage hat, wonach auf dem Inn ein Holzkreuz schwamm, das "Elend" gerufen hat. Der Ort wurde von der Pest verschont und entwickelte sich in der Folgezeit zu einem Wallfahrtsort. 

An der Stelle mündet der kleine Fluss Attel in den Inn. Auf der Anhöhe erfolgte vor tausend Jahren die Gründung eines nach dem Fluss benannten Klosters. Das Klosterleben startete jedoch erst im zweiten Anlauf so richtig, der von einem in einer benachbarten Burg ansässigen Adligen initiiert wurde. Von der Burg ist nichts mehr übrig, nur ein Weiler trägt noch den Namen: Limburg - eine Ortsbezeichnung, die öfter auftaucht, etwa die Domstadt an der Lahn oder die belgisch-niederländische Region. 

Im Kontext der Säkularisation des napoleonischen Zeitalters wurde auch dieses Kloster aufgelöst. Später erwarb der Orden der Barmherzigen Brüder die Anlage, der bis heute dort eine Einrichtung der Eingliederungshilfe betreibt. 

An einer Stelle des Ufersträßchens ist reichlich Platz zum Parken vorhanden. Blick aufs Wasser und Zugang zum Ufer inklusive. Hier frühstücken wir erst einmal, genießen die Aussicht und schauen dem Wasser beim Fließen zu. Ab und an kommt jemand auf dem Fahrrad vorbeigeradelt, ein paar Jogger sind unterwegs, ganz vereinzelt auch Spaziergänger.

Wir wollen uns auch ein wenig bewegen und gehen den langen geraden Feldweg flussabwärts entlang. Der Weg verläuft auf einer Deichkuppe, zwischen dem Deich und dem Fluss wurde das Ufer renaturiert, immer wieder Tümpel und Wasserläufe zwischen Gestrüpp, Gräsern und Bäumen, die abgestorbenen Bäume bleiben erfreulicherweise liegen. 

Auf der anderen Seite des Damms ist eine vielleicht hundert Meter breite Grasfläche, auf der stehen vereinzelt Höfe. Dahinter steigt das Gelände stark an, Hang und Höhe sind baumbewachsen. Auf unserem Deichweg biegt irgendwann ein kleiner Pfad nach rechts ins Unterholz ab, den nehmen wir, mal sehen, wohin er uns führt. 


Er endet schnell an einem stillen Wasserarm. Es ist absolut ruhig, wir hören nur die Geräusche der Natur. Die trockenen Bäume, die im Wind knarren, das Gras, das leise wispert, die kleinen Tiere und Insekten, die sich am und auf dem Wasser bewegen. Wir sehen etliche Wasserläufer auf der Jagd nach Insekten, eine eigene Welt parallel zu unserer eigenen.

Jetzt halten wir auf den Steilhang zu, finden einen Weg hinauf und kommen oben auf der landwirtschaftlich genutzten Hochebene heraus. Auch hier etliche frei stehenden Höfe, dann fängt aber gleich auch der Ort Edling an. Wir gehen parallel zur durch Bäume verdeckten Abhangkante in Richtung Attel weiter. 

In der Ferne sind deutlich die Ausläufer der Alpen zu sehen, der Kirchturm des ehemaligen Klosters schiebt sich ins Bild. Wir passieren eine Markierung des Jakobsweges, dann ein Ortsschild, das auf einen Weiler namens Limburg verweist, eine Erinnerung an die gleichnamige Burg, von der es keine für uns sichtbaren Spuren gibt.

Gleich ist Attel erreicht, wir passieren Häuser, die zur Stiftung Attel gehören, und biegen noch vor dem Kloster nach links auf einen Weg wieder aus dem Ort heraus ab. Am Himmel haben sich die Wolken verdichtet und dunkelblau verfärbt, das sieht nach Regen aus. Auch der Wind weht kräftiger.

Noch bleibt es trocken, wir landen auf einem Weg runter ans Ufer, vorbei an einem weiteren Bauernhof, und sind bald zurück am Auto. Wir halten noch mal am Rand der schmalen Straße, dort, wo die kleinere Attel in den größeren Inn fließt. Ein Schwanweibchen sitzt am Ufer in ihrem Nest und brütet, der Partner ist weit entfernt auf dem Wasser zu sehen, vermutlich auf der Suche nach Eßbarem.

Auch Unseresgleichen ist zwischenzeitlich mehrheitlich auf der Suche nach Eßbarem und will im Fischerstüberl fündig werden. Heute morgen war der Parkplatz leer, jetzt ist er voll, wirklich voll. Wir fahren quer übers Land an den Steinsee. Dort gibt es ein kleines familiäres Treffen am Nachmittag. 

Wir wollen am See, auf dem Parkplatz des Restaurants und des Seebades parken, scheitern aber an der Höhenbarke. Wohnmobile sind hier nicht erwünscht (das Geld ihrer Besitzer schon). Die Parkplatzsuche gestaltet sich schwierig, da wir den Camper nicht am Straßenrand oder auf einem Feld stehen lassen wollen. Wir werden vor der Montessori-Schule fündig, da Sonntag ist, stellen wir uns zu den anderen dort parkenden Fahrzeugen.

Jetzt hat uns auch der Regen erreicht. Wir verbringen ein wenig Zeit im Restaurant bei Kaffee und Apfelstrudel, drehen anschließend eine Runde um den kleinen See und lösen dann die familiäre Runde wieder auf.

Für uns geht es jetzt weiter zum Tegernsee. Quer durchs Land über kleine Straßen fahren wir Richtung Miesbach, von dort weiter nach Hausham und dann Richtung Gmund. Am Oedberg gibt es einen Wohnmobilstellplatz, es wäre gut, nach zwei Nächten des Freistehens einen Stromanschluss zu nutzen. Die App zeigt, dass die Batterie schon auf 50 Prozent Leistung zugeht. Sicher ist sicher. 

Jetzt regnet es beständig, der Platz ist wenig belegt, wir stellen uns dazu. Zweimal Weißware, sie bilden eine Wagenburg, ein weiterer Kastenwagen, ein Mercedes-Allrad-LKW in Overlander-Ausführung. Anhand der Einstiegshilfe sehe ich schon, dass der von 4Wheel24 stammen muss, die bauen diese flexiblen Tritte in ihre LKW ein. Und tatsächlich finde ich den Laster nicht nur auf Instagram, sondern auch bei 4Wheel24 im Netz.

Die Anmeldung erfolgt in einem Büro, aber erst am nächsten Morgen, es hat schon geschlossen. Dafür hat das Restaurant gerade noch geöffnet. Wir sind die letzten Gäste, sie räumen schon auf, sind aber gerne bereit, uns noch mit Spinatknödel und schwarzem Bier zu versorgen. Das lassen wir uns schmecken, bevor wir uns ins Wohnmobil zurückziehen und bei laufender Heizumg uns einen gemütlichen Abend machen.

Am Montagmorgen fahren wir weiter nach Gmund und gehen erst einmal zum See. Erfreulicher Weise darf man hier - wie auch später in Tegernsee-Ort - zwei Stunden kostenfrei stehen, bevor ein Obolus zu entrichten ist. Wir bleiben nicht lange und fahren gleich weiter nach Tegernsee. Hier sind die Ausblicke von der Uferpromenade auf den See und die Berge interessanter, jetzt, noch früh am Tag und im Jahr, ist wenig los. 

Das Café im Museum sieht verlockend aus, und tätsächlich: der Wintergarten bietet einen schönen Ausblick auf das Wasser, der Cappucchino ist gut zubereitet und hat eine 1a-Schaumkrone, die Croissants sind mit Marmelade gefüllt. 

Die Zeit drängt etwas, da wir nachmittags in München sein wollen (und müssen). Wir verlassen Tegernsee, fahren zurück nach Hausham und von dort weiter nach Schliersee. Bevor wir einen Stopp in Schliersee einlegen, fahren wir zunächst hoch zum Spitzingsee. Das Wetter ist viel besser geworden im Laufe des Morgens, es sieht so aus, als wäre auch oben auf der Höhe am See genügend Sonne, um nicht zu frieren oder im Nebel gegen die Wand zu rennen.

Also hoch zum Spitzingsee. Endlich haben wir das Gefühl, in den Bergen zu sein. Die Straße steigt ordentlich an, der Motor kann endlich mal die vielen Pferdestärken ausspielen. Der See oben liegt in einem kleinen Talbecken, linker Hand der kleine Ort Spitzingsee. Die Zufahrt führt durch einen Tunnel hindurch, die vielen Parkplätze geben eine Idee von dem Betrieb, der hier in Spitzenzeiten herrscht. Jetzt ist es zum Glück leer. Wir queren den Ort und können auch hier für zwei Stunden kostenfrei stehen.

Um den See führt ein Fußweg herum, natürlich gehen wir den. Das viele Sitzen im Auto benötigt seinen Ausgleich. Der Weg ist abwechslungsreich, zunächst geht es durch ein Waldstück mit teilweise sehr hohen Bäumen. Der Weg ist eben, aber kurvenreich. Auf dem See ein Boot mit einem einsamen Angler. Da kriegt man ja Hunger auf frischen Fisch!

Wir kreuzen einen Bach, der den See speist. Wege führen in alle Richtungen, den Hinweisschildern nach zu Hütten oder einfach einen Berg hinauf (und dann wieder hinunter). Der Wald hört auf, wir sind auf freiem Feld, mit freiem Blick auf den See und die Erhebungen dahinter. Im Schilf sitzt ganz ruhig ein Reiher, in der Ferne sehen wir ein paar wenige Wanderer - oder vielleicht nur Spaziergänger, wie wir es sind? 

Der Weg bleibt nahe am Ufer, der Ort ist allzu schnell wieder erreicht. Er liegt noch im nachsaisonalen Schlaf, den Liften nach zu urteilen, wird hier Wintersport betrieben. Ob es hier überhaupt noch schneesicher ist?

Die katholische Kirche im Ort ist wesentlich jünger als sie aussieht. Sie ist eine der wenigen Kirchengebäude, die während der Herrschaft der Nationalsozialisten errichtet wurde. Neben der Genehmigung, die sehr viel Verhandlungsgeschick erforderte, war die Beschaffung von Baumaterial eine echte Herausforderung. In der Bauphase ist dann auch noch der Turm eingestürzt, minderwertiger Zement wurde als Ursache festgestellt. Und dann sollte das Gebäude der Erweiterung des Sees durch eine Staumauer weichen. Bekanntlich waren die tausend Jahre des Reiches schneller vorbei, als die Braunhemden ahnten, so dass die Pläne versandeten.

Die Lokale im Ort sind großenteils geschlossen, nur das große Hotel am Ufer macht den Eindruck, als hielten sich hier aktuell Gäste auf. Wir beenden unseren Besuch und fahren zurück nach Schliersee. Der Aufenthalt hier fällt notgedrungen noch etwas kürzer aus. Wir stellen den Wagen ab und drehen eine Runde durch die Ortsmitte. Hier am Seeufer gibt es einen kleinen Parkplatz, auf dem ganz offiziell und kostenlos Wohnmobile stehen dürfen, auch über Nacht. Klasse.

Ansonsten ist der Ort auf den ersten flüchtigen Blick genauso langweilig hübsch wie vergleichbare andere Orte auch. Die Lage am See macht in der Hauptsache den Charme aus. 

Jetzt wird es Zeit aufzubrechen. Über Miesbach fahren wir nach Norden Richtung Autobahn. Vorbei an Taufkirchen und Unterhaching fahren wir bis zum Autobahnende in München und biegen dort ab in Richtung Tierpark Hellabrunn. Dort in der Nachbarschaft haben wir uns einen Platz ausgeguckt, der auf dem Grundstück eines Gasthauses liegt. Laut App bietet der Wirt nachfragenden Gästen an, mit ihrem Wohnmobil auf seinem Grundstück zu übernachten. 

Wir probieren es aus: So gegen 17 Uhr gehen wir zu einem sehr frühen Abendessen, vertilgen den Schweinekrustenbraten mit Schwarzbier und fragen nach der Stellmöglichkeit über die Nacht. Kein Problem, uns wird der Weg zum rückseitigen Parkplatz gezeigt, wir parken ein, und gut ist. Das ist wirklich außergewöhnlich grozügig - ganz herzlichen Dank dafür.

Später gehen wir durch die Isarauen zur Isarphilharmonie, in der das Konzert der Tindersticks stattfindet. Die Philharmonie ist in ein Ausweichquartier umgezogen, dem die Menschen der Stadt in einem Wettbewerb den Namen HP8 gaben, nach der Adresse Hans-Preißinger-Straße 8. Der Bau ist sehr schlicht gehalten, als Basis dient ein ehemaliges Gewerbegebäude, die Verantwortlichen werden für die geringen Kosten, die der Bau verursacht hat, gelobt. Das Ambiente ist angemesssen schlicht, nicht überladen, nicht auf teuer getrimmt. Der Konzertsaal hat eine sehr gute Akustik und macht auch optisch einen sehr guten Eindruck.

Wir haben noch Zeit und gönnen uns ein Glas Wein im Foyer und sehen dabei zu, wie es sich füllt. Erwartungsgemäß entsprechen wir in etwa dem Altersdurchschnitt derer, die hier heute aufschlagen. Die Tindersticks verspäten sich um gut eine Stunde, fangen dann aber beherzt an und bringen den Saal, der vielleicht zur Hälfte gefüllt ist, gute zwei Stunden lang in Stimmung.

Frontmann Stuart Staples, für seine Versunkenheit in die melancholische Musik bekannt und keine echte Stimmungskanone, richtet sogar das Wort ans Publikum und bedankt sich für dessen Begeisterung. Er stellt fest, dass es auch für sie heute erst das vierte Livekonzert in zwei Jahren ist.

Wir finden den Weg durch die stockfinstere und leider nicht vollständig beleuchteten Isarauen zurück zum Gasthaus und schlafen einmal mehr hervorragend im Querbett unseres Campers. Am Morgen geht es dann zeitig los, aber der neben uns parkende italienische Ducato ist schon vor uns aufgebrochen. 

Wir verlassen München über die Autobahn 9 in nördliche Richtung. Bis wir aus der Stadt heraus sind, dauert es natürlich einige Zeit, denn auf den Großstadtstraßen ist man selten alleine, erst recht nicht in den späten Stunden des morgendlichen Berufsverkehrs. Wir fahren bis Lenting nördlich von Ingolstadt und halten dann auf Eichstätt zu. Eichstätt wollen wir uns anschauen. 

Wir nutzen die Gelegenheit zur Entsorgung von Grau- und Schwarzwasser auf einem der großen Wohnmobilstellplätze am Stadtrand, parken dann am Bahnhof und gehen rüber in die nahe Altstadt. Leider fängt es an zu regnen, so dass es nicht wirklich Spaß bereitet, durch die Stadt zu laufen. Auch die Suche nach einem Café ist nicht ganz erfolgreich, wir landen in einem mit ziemlich schwerfälligem Personal. Für einen Kaffee und einen Brezel reicht es.

Die weitere Fahrt verläuft entlang der Altmühl, das Tal ist sehenswert, wenn es sich auch besser mit dem Fahrrad als mit dem Auto erschließt. Wir kommen langsam, aber beständig voran und fahren bei Feuchtwangen wieder auf die Autobahn. Hier halten wir uns wieder mit Unterstützung des Tempomaten konsequent an Tempo 100 und schauen den Revierkämpfen auf der linken und mittleren Spur zu. So schonen wir unsere Nerven und landen in angemessener Zeit nach vier schönen Tagen wieder zuhause in Wiesbaden.



Die Videos zur Episode: Teil 3 - Am Ufer des Inns bei Attel


Teil 4 - Oberbayerische Seen und München

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